Solo für Trompete.

Er steht auf der Bühne, mit seiner Trompete in den Händen, diese blöde Trompete, wer spielt schon Trompete in einer Rockband, nun, er tut es, warum auch immer, man will wohl etwas Besonderes sein, eine außergewöhnliche Band, halt die Band mit der Trompete, und man ist es, und er spielt sie, die Trompete, wenn auch … Weiterlesen Solo für Trompete.

In absentia.

Schon bei ihrer Geburt war sie nicht wirklich da. Zur Welt kam sie ohne Bewusstsein, und erst nach einigen Sekunden konnte ein Arzt ihre Atmung und ihren Kreislauf in Gang bringen. In der Schule betrat sie den Pausenplatz jeweils erst, wenn die Pause zu Ende ging, und häufig blieb sie den Unterrichtsstunden fern, sammelte lieber … Weiterlesen In absentia.

Ohrenbetäubend still.

Da war dieser Mann, der Kaffee trank, wie jeden Tag, eigentlich nichts Außergewöhnliches, eher Gewohnheit als Genuss, der Kaffee sah aus wie immer, schmeckte wie immer, doch als die Tasse leer war, blieben auf deren Boden braune Kaffeeresten zurück. Braune Kaffeeresten sind relativ häufig und wären auch an jenem Tag kaum bemerkenswert gewesen, hätten sie … Weiterlesen Ohrenbetäubend still.

Die Träne im Ohr.

Der Nachhall treibt noch in der trägen Luft, das Pochen im Kopf verliert nur langsam an Intensität. Eine Träne ist wie flüssiger Honig über ihre Schläfe geschlichen, bis hin zu ihrem Ohr und hinein in den Gehörgang, ein einzelner Tropfen nur. Es fühlt sich seltsam an, störend und unangenehm, doch Lara bleibt reglos. Irgendwann wird … Weiterlesen Die Träne im Ohr.

Wirklich sehr gut.

Sie steht da, inmitten von lachenden Menschen, alle unterhalten sich über Triviales und Banales, alles wirkt luftig und leicht, nur bei ihr scheint die Schwerkraft stärker, die Schultern hängen, ihr Körper trägt ein unsichtbares Gewicht, und man könnte annehmen, ihre Füße würden tiefe Dellen im Boden hinterlassen, wenn sie einen Schritt zur Seite täte, und … Weiterlesen Wirklich sehr gut.

Bert und Anita.

Sie war ihm unweigerlich aufgefallen. Schöne Frauen fallen ihm meistens auf, und sie war außergewöhnlich schön, zumindest nach seinem Empfinden. Sie war mit einem Mann im Lokal, der offensichtlich ihr Freund oder Liebhaber war; sie saßen sich gegenüber, einige Meter von Bert entfernt. Immer wieder tauschten sie die Blicke aus, die man aus Filmen kennt, … Weiterlesen Bert und Anita.

Zahnfleischbluten.

Irgendwann, an irgendeinem Tag in irgendeiner Woche, putzte er sich die Zähne, und als er die Zahnpasta ins Spülbecken spuckte, hob sich vor seinen Augen diese bräunlich-gelbe Masse mit rötlichen Fetzen und Streifen vom weißen Porzellan ab, auch die Zahnbürste hatte sich auf diese Weise verfärbt, und er fand das merkwürdig, aber nur ein wenig, … Weiterlesen Zahnfleischbluten.

In ihren Augen.

Da war dieser Mann, der hatte eigentlich alles, und alles, was er hatte, fand er ganz fürchterlich. Das Geld, die klimatisierten Räume, die sogenannten Freunde, mit denen er teure Weine trank, den großen Tisch in seinem großen Büro, die goldene Uhr an seinem Handgelenk; dieser Dinge und ihrer vermeintlichen Kultur war er allmählich überdrüssig geworden. … Weiterlesen In ihren Augen.

Kopfscheiße und Danny DeVito.

Wenn die Sonne strahlte, es angenehm warm war, ein schwacher Wind Sommerdüfte durch den Tag schob und die ganze Welt ein pittoresker Haufen voller Harmonie, Pracht und Herrlichkeit zu sein schien, fand Felix die Gesamtsituation noch ekliger als sonst. Schon aus dramaturgischer Sicht war schönes Wetter enorm unpassend. Er hatte Probleme. Kopfscheiße, irgendwie. Er mochte … Weiterlesen Kopfscheiße und Danny DeVito.

Eine unerfreuliche Situation.

Auf einer Holzbank an einer Bushaltestelle sitzt ein junger Mann, vielleicht fünfundzwanzig, vielleicht auch dreißig Jahre alt, mit akkuratem Haarschnitt und glänzenden Lederschuhen. Man muss ihn nicht kennen, um zu ahnen, dass er entweder bei einer Bank, einer Versicherung, einem Wirtschafts- oder Beratungsunternehmen arbeitet. Sein Anzug ist zwar noch ein wenig zu groß, doch er … Weiterlesen Eine unerfreuliche Situation.

T. und Raumschiff.

Irgendwann stand es einfach da, auf einem grünen Feld, weit hinter den Straßen und den Bürgersteigen, weit weg von den Dächern und gepflegten Gärten. Niemand wusste, woher es gekommen war und wer sein Auftauchen veranlasst hatte. Man war überzeugt, dass ein solches Unterfangen keinesfalls hätte unbemerkt bleiben können, und doch fiel das Raumschiff erst auf, … Weiterlesen T. und Raumschiff.

An einem Sonntagabend.

Da war diese Frau. Nach dem Versinken des Tageslichts tauchte sie auf. Jeden Sonntagabend, immer wieder, ohne Unterlass, schon seit Wochen. Am Anfang ließ sich Besorgnis in den Augen der Leute ausmachen, eine kleinmütige Anteilnahme. Da waren Fragezeichen, zwar kümmerlich und in schludriger Schrift skizziert, aber immerhin. Warum ist sie nackt? Warum weint sie stumm? … Weiterlesen An einem Sonntagabend.

Wartburg.

Er steht alleine am Rand der Autofähre, die grummelnd über den Bodensee gleitet. Es ist kalt und nass, vielleicht November oder Dezember, vielleicht auch Februar. Es ist egal, wie der Monat heißt, irgendwann spielen die Namen keine Rolle mehr. Joseph ist der einzige Passagier auf der Fähre. Da sind er und sein Wartburg und vielleicht … Weiterlesen Wartburg.

Cephalopodophobie.

Spätestens in jenem Moment, als sie zum ersten Mal über den Tintenfisch sprach, hätte er es bemerken müssen. Sie waren acht oder elf Jahre ein Paar, und in dieser Zeit hatten sie nie über Tintenfische geredet. Nie. Tintenfische waren in ihrer Beziehung schlicht und einfach nicht präsent, waren kein Thema, standen nicht zur Debatte. Bis … Weiterlesen Cephalopodophobie.

Rauch und Rauschen.

Irgendwann stellte man sich die notwendige Frage, warum Frau K. durch das geöffnete Schiebedach in den Mercedes von Herrn F. defäkiert hatte. Es schien ein reichlich unkonventionelles Vorgehen, das unweigerlich auf ein vorangegangenes Ereignis schließen ließ, das Frau K. in einer Weise gekränkt hatte, die so heftig war, dass ihr keine andere Reaktion einfiel, als … Weiterlesen Rauch und Rauschen.

Im Duftbäumchenwald.

Wahrscheinlich war er kein wirklicher Freund, nur ein temporärer Gefährte. Er war etwa zwei Meter groß, dünn und schlaksig, mit langen Armen und langen Fingern und langen Beinen, an deren Ende riesige Füße nach vorne ragten, während in seinem schmalen Gesicht eine mächtige Nase alles andere in den Schatten stellte. Wenn er durch die Gänge … Weiterlesen Im Duftbäumchenwald.

Fünf Gespräche über Kichererbsen.

Das dritte Gespräch über Kichererbsen «Deine Halskette ist merkwürdig. Sind das Kichererbsen?» «Ja.» «Ich mag Kichererbsen nicht. Finde sie auch nicht lustig. Keine Ahnung, warum sie kichern.» «Der Name hat nichts mit Kichern zu tun.» «Ach ja?» «Kommt vom lateinischen Wort für Erbse, cicer. Darum bedeutet Kichererbse eigentlich Erbsenerbse.» «Aha.» «Ja. Ist ein Pleonasmus.» «Was?» … Weiterlesen Fünf Gespräche über Kichererbsen.

Amok.

Die Sonnenblumen hatten ihn eigentlich nie sonderlich interessiert. Er hegte weder Groll noch ausgeprägte Zuneigung, sie waren einfach da, standen stumm in jenem Feld, welchem er häufig entlangging, ganz normale Sonnenblumen, und sie waren ihm ziemlich egal. Manchmal blitzten Gedanken auf, eine von ihnen zu pflücken, doch er wusste, dass dies verboten war, also tat … Weiterlesen Amok.

Die Hexe.

Man weiß gar nicht genau, wie es begann, doch wahrscheinlich mit verschmähten Avancen. Ein Mann fand Gefallen an der Frau, was angesichts ihrer langen schwarzen Haare, ihres schönen Antlitzes und ihrer wohlgeformten Statur durchaus nachvollziehbar schien. Sie hingegen zeigte sich nicht sonderlich interessiert, und als er zudringlich wurde, wies sie ihn mit einem herzhaften Tritt … Weiterlesen Die Hexe.