Am Tresen.

Mitunter fragt jemand, ob sie Kinder habe, einen Mann, eine Familie. Manche erkundigen sich nach ihrem Namen. Sie weiß, dass sie ihn am folgenden Tagen meistens wieder vergessen haben werden, doch es bekümmert sie längst nicht mehr. Hin und wieder gibt sie einen falschen Namen an, obschon sie sich nicht mehr darüber zu amüsieren vermag. … Weiterlesen Am Tresen.

Irreführende Werbung.

Was ist schon Wahrheit, sagt er, und zuckt mit den Schultern, und womöglich weiß er es tatsächlich nicht. Er wischt sich ein wenig Staub vom Hemd, vielleicht sind es auch Hautschuppen. In einem merkwürdigen Automatismus sieht er den Zerfall, ohne sich darüber Gedanken zu machen. Sie lässt ihre Finger über die Haut gleiten. Sie ist … Weiterlesen Irreführende Werbung.

Liebeslieder.

Seit einem gelebten Vierteljahrhundert und einer gefühlten Ewigkeit ist Right Here Waiting von Richard Marx ihr Lieblingslied. Wenn sie die Klaviermelodie mit geschlossenen Augen hört, scheint sich die Musik zu einem körperlichen Gebilde zu formen, wird greifbar wie ein warmes Stück Stoff. Das passiert ihr sonst nahezu nie. Sie weiß, dass Richard Marx den Song … Weiterlesen Liebeslieder.

True Red 19-1664 TCX.

Auf Schwarz-Weiß-Fotos erkennt man Rotkäppchen gar nicht, es ist nur ein kleines Mädchen mit einer Kopfbedeckung und einem Korb in der Hand, das durch einen Wald spaziert, und man müsste wohl hingehen, hineingehen, hinein ins Bild und hin zum Mädchen, müsste es nach der Lieblingsfarbe fragen, und wenn es Rot sagen würde, könnte man vielleicht … Weiterlesen True Red 19-1664 TCX.

Wie es scheint.

Ein kleines Flugzeug fliegt über den Kongo, und wenn man aus dem kleinen Fenster auf den Fluss blickt, der in ruhigen Bahnen durch den dicht bewachsenen Regenwald zieht, glaubt man, dass dort unten das Paradies sein muss, eine verwunschene Welt mit wunderlichen Wesen und weicher Natur, man glaubt, dass sich unter den Baumkronen ein unberührtes … Weiterlesen Wie es scheint.

Die Träne im Ohr.

Der Nachhall treibt noch in der trägen Luft, das Pochen im Kopf verliert nur langsam an Intensität. Eine Träne ist wie flüssiger Honig über ihre Schläfe geschlichen, bis hin zu ihrem Ohr und hinein in den Gehörgang, ein einzelner Tropfen nur. Es fühlt sich seltsam an, störend und unangenehm, doch Lara bleibt reglos. Irgendwann wird … Weiterlesen Die Träne im Ohr.

Auf Allgemeinplätzen.

(Man liegt auf einer Wiese in einer Nacht voller Sterne, und wenn man den Kopf schnell bewegt, gehen tausend Sternschnuppen nieder, doch man wünscht sich nichts, weil man weiß, dass es keinen Zweck hat, und vielleicht auch, weil man betrunken ist, die Stimmen schwirren durch die warme Luft, alles klingt vertraut und fremd zugleich, und … Weiterlesen Auf Allgemeinplätzen.

Traugottverdammt.

Er war schön. Nicht bloß hübsch, nicht bloß gutaussehend, nicht bloß attraktiv. Sondern schön, richtig schön. So schön, dass Frauen, die ihn erblickten, von körperlichen Reaktionen berichteten, die einem Orgasmus nicht unähnlich waren, und manchmal ließen diese Emotionen gar Tränen der Glückseligkeit aus ihren Augen strömen. Männer zweifelten derweil an ihrer heterosexuellen Ausrichtung, wenn sie … Weiterlesen Traugottverdammt.

Raupen sind doof.

Raupen sind doof, Raupen sind nimmersatt, machen Salatblätter löchrig und Salatzüchter wütend. Schmetterlinge sind schön, sind herzerwärmend, kein anderes Tier darf in unseren Bäuchen fliegen. Wir preisen die inneren Werte, nichts sei uns wichtiger; jede Oberflächlichkeit bestreiten wir heftig, unser Sozialverhalten erscheint uns distinguiert, wir haben immer Recht, und sollten wir einmal falsch liegen, ist … Weiterlesen Raupen sind doof.