Ein Wimpernschlag.

Er stellt sich vor sie hin. Sein Gesicht ist ganz nah bei ihrem, ihre Füsse berühren sich beinahe, und sie spürt seine Wärme, spürt die Präsenz seines Körpers. Sie registriert, wie sich kleine Vibrationen in ihrem Innern bilden, ein ungewohntes Ziehen an einigen Stellen, ein Schieben an anderen. Der Moment löst sich aus der Zeit, … Weiterlesen Ein Wimpernschlag.

Katzenbabys.

Seitdem er die Medikamente nimmt, fühlt er sich besser, zumindest ein bisschen, ein Schulterzucken besser, aber eigentlich ändert sich nichts, die Schmerzen sind noch da, die verdammten Schmerzen. Am Tag zuvor nannte er einen Freund ein Arschloch, alleine deshalb, weil dieser ihm einen Naturarzt empfohlen hatte. Es ist einer der wenigen Freunde, die er hat, … Weiterlesen Katzenbabys.

Langfinger.

In Gedanken legt er seine Hand auf ihren nackten Bauch, der Nabel verschwindet, doch die Muttermale bleiben, hingestreute Punkte, kleine und große, und dann schaut er zu, wie seine Finger zu wachsen beginnen, immer länger werden, sich strecken und über ihre Haut kriechen, über ihre Rippen hin zu ihren Brüsten, dann zu den Schultern und … Weiterlesen Langfinger.

Ein Jahr in zwölf Gesprächen.

Januar «Frohes neues Jahr!» «Frohes neues Jahr!» «Ich mache mir eigentlich keine Neujahrsvorsätze. Dieses Mal schon.» «Ach ja?» «Ja. Ich habe mir vorgenommen, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auf die wichtigen Dinge. Auf die wichtigen Menschen.» «Wichtige Menschen?» «Ja. Gute Freunde.» «Bin ich… Öhm… Gehöre da…» «Ja. Ja. Natürlich.» «Da bin ich froh.» «Ich … Weiterlesen Ein Jahr in zwölf Gesprächen.

Helmut hat geschissen.

Helmut hat geschissen, in der Herrentoilette des Großraumbüros, in welchem er arbeitet, zusammen mit vielen anderen Menschen, von denen er manche sehr gerne mag und andere nur gerade ein bisschen. Helmut hat geschissen, und das besagte Ereignis war nahe an explosiver Diarrhöe. Helmut hatte Bauchschmerzen gehabt und war froh, dass sich diese ein wenig entspannten. … Weiterlesen Helmut hat geschissen.

Dieser Körper.

Bisweilen befreit sie sich von diesem Körper, zieht ihn aus wie eine Taucherin ihren Neoprenanzug, hängt ihn an den Haken und muss sich zunächst daran gewöhnen, dass ihr Inneres freigelegt ist. Meistens legt sie sich dann ins Bett, deckt sich zu und wartet, bis sie in den Schlaf gleitet. Dort ist sie sicher. Eigentlich ist … Weiterlesen Dieser Körper.

Viersamkeit.

Man kennt sich seit Jahren, da ist jene Vertrautheit, die vieles selbstverständlich macht. Mara heißt eigentlich Maria, aber außer ihrer Mutter nennt sie niemand bei diesem Namen; alle haben akzeptiert, dass sie sich als Mara begreift, vor allem Felix, ihr langjähriger Freund und Vertrauter. Felix hat eine große krumme Nase, ist davon abgesehen aber ein … Weiterlesen Viersamkeit.

Neben dem Stuhl.

Man dachte, man mag ihn. Man denkt, man habe ihn gemocht. Man dachte und denkt häufig darüber nach, ob man eine Person mag, und vielleicht noch häufiger darüber, ob man von einer Person gemocht wird. Bei ihm war man relativ sicher, dass man ihn mag. Dass man von ihm gemocht wird. Dass da eine gewisse … Weiterlesen Neben dem Stuhl.

Talion.

Da war jener Junge, vielleicht ein Jahr jünger als man selbst, und aus längst vergessenen Gründen geriet man aneinander. Es entwickelte sich ein kindlich-unbeholfener Disput, und irgendwann, wohl als Ersatz für ein fehlendes Argument, spuckte der Junge. Man wischte sich den fremden Speichel aus dem Gesicht, wehrte sich gegen einen plötzlich auftretenden Brechreiz und taumelte … Weiterlesen Talion.

Rauch und Rauschen.

Irgendwann stellte man sich die notwendige Frage, warum Frau K. durch das geöffnete Schiebedach in den Mercedes von Herrn F. defäkiert hatte. Es schien ein reichlich unkonventionelles Vorgehen, das unweigerlich auf ein vorangegangenes Ereignis schließen ließ, das Frau K. in einer Weise gekränkt hatte, die so heftig war, dass ihr keine andere Reaktion einfiel, als … Weiterlesen Rauch und Rauschen.

Strafzettel.

Sie war wohl etwa zwei Jahrzehnte alt, als man ihr sagte, dass etwas fehle. Dass es nicht reiche, nicht genüge. Dass sie nicht genüge. Sie hörte es nicht oft, und stets nur aus einem Mund, dem Mund eines Mannes, von dem sie damals dachte, dass er imstande sein könnte, all das einzulösen, was sie sich … Weiterlesen Strafzettel.

Hiroshima.

Da ist dieses Mädchen namens Hiroshima, obwohl, ein Mädchen ist sie nicht, sie ist eine junge Frau, eine durchaus attraktive, faszinierende Frau, doch einerseits ist sie trotzdem ein Mädchen, wird es immer bleiben, während sie andererseits viel zu früh aufhören musste, eines zu sein, und nun ist sie weder das eine noch das andere, eine … Weiterlesen Hiroshima.