Das dritte Gespräch über Kichererbsen
«Deine Halskette ist merkwürdig. Sind das Kichererbsen?»
«Ja.»
«Ich mag Kichererbsen nicht. Finde sie auch nicht lustig. Keine Ahnung, warum sie kichern.»
«Der Name hat nichts mit Kichern zu tun.»
«Ach ja?»
«Kommt vom lateinischen Wort für Erbse, cicer. Darum bedeutet Kichererbse eigentlich Erbsenerbse.»
«Aha.»
«Ja. Ist ein Pleonasmus.»
«Was?»
«Egal.»
«Warum tust du das?»
«Was denn?»
«Warum trägst du eine Halskette aus Kichererbsen?»
«Sie war ein Geschenk.»
«Ach so. Von wem denn?»
«Von einer Person, die mir einmal viel bedeutet hat.»
«Jetzt nicht mehr?»
«Doch. Aber jetzt sind die Dinge anders.»
«Aha. Das sind sie immer, oder?»
«Mag sein. Keine Ahnung.»
Das erste Gespräch über Kichererbsen
«Hier. Für dich.»
«Oh, ein Geschenk? Danke! Weshalb denn?»
«Einfach so.»
«Vielen Dank! Soll ich es öffnen?»
«Ja, wenn du magst.»
«Na dann… Oh… Eine Halskette… Was sind denn das? Kichererbsen?»
«Ja, Kichererbsen.»
«Das ist… schön… Danke!»
«Ich wollte dir etwas schenken, das du noch nie bekommen hast.»
«Das ist dir gelungen. Eine Halskette aus Kichererbsen. Sie ist… etwas Besonderes.»
«Ja. Weil du etwas Besonderes bist.»
«Ich bin nichts Besonderes.»
«Doch. Für mich schon.»
«Das einzige Besondere an mir bist du.»
Das fünfte Gespräch über Kichererbsen
«Was ist denn das?»
«Hummus. Wird aus Kichererbsen gemacht.»
«Kichererbsen?»
«Ja. Magst du die nicht?»
«Ich liebe Kichererbsen. Aber ich kann sie nicht essen.»
«Allergie?»
«Nein, nicht direkt. Sie haben irgendwie eine besondere Bedeutung für mich. Ist eine lange Geschichte.»
«Tut mir leid, ich wollte keine Wunden aufreißen.»
«Ist schon gut.»
«Willst du darüber reden?»
«Gibt eigentlich nicht viel zu erzählen.»
«Du sagtest, es sei eine lange Geschichte.»
«Ja. Trotzdem gibt es nicht viel zu erzählen.»
«Du musst nicht, wenn du nicht magst.»
«Ich… Es gab da mal eine besondere Person in meinem Leben. Von ihr habe ich eine selbstgemachte Halskette aus Kichererbsen geschenkt bekommen.»
«Eine Halskette aus Kichererbsen?»
«Ja.»
«Wo ist sie jetzt?»
«Die Halskette oder die Person?»
«Beide.»
«Nicht mehr da.»
«Die Halskette oder die Person?»
«Beide.»
Das vierte Gespräch über Kichererbsen
«Ich weiß, dass du mich nicht hören kannst. Ich weiß, dass du nicht da bist. Du bist nicht auf diesem Friedhof, du bist nicht im Himmel und auch nicht in irgendeinem Vogel, der mich manchmal besucht. Ich habe keine Ahnung, warum ich überhaupt hier bin… Ich kann das nicht… Ich will nur wissen, warum du gegangen bist. Ich verstehe es nicht. Verdammt, ich wünschte, du könntest mich hören. Könntest mir antworten. Weißt du noch, wie du mir damals die Halskette aus Kichererbsen geschenkt hast? Ich trage sie immer, jeden Tag. Jeden verdammten leeren Tag. Ich kann das nicht mehr. Tut mir leid. Ich weiß, das macht man nicht mit Geschenken, aber ich möchte sie dir gern zurückgeben. Ich lege sie hierhin. Dann wird sie auch zu Humus. Wie du.»
Das zweite Gespräch über Kichererbsen
«Es hat nichts mit dir zu tun.»
«Doch, es hat mit mir zu tun. Du hast mit mir zu tun. Alles, was du tust, hat mit mir zu tun, zumindest für mich.»
«Aber es ist nicht deine Schuld.»
«Wessen Schuld ist es denn?»
«Meine.»
«Nein, das stimmt nicht.»
«Doch. Das, was mir im Weg steht, bin ich selbst.»
«Dann nimm einen anderen Weg. Ich helfe dir dabei.»
«Warum willst du mir helfen?»
«Weil du etwas Besonderes bist.»
«Bin ich nicht.»
«Doch, bist du. Weißt du noch, wie du mir damals die Halskette aus Kichererbsen geschenkt hast? Ich trage sie immer, jeden Tag. Und sie erinnert mich jeden Tag daran, wie wundervoll du bist. Obwohl ich keine Halskette brauche, um das zu wissen.»
«Was soll daran wundervoll sein?»
«Du hast mir etwas geschenkt, das ich noch nie bekommen habe.»
«Toll. Eine Halskette aus Kichererbsen.»
«Die Halskette meinte ich nicht.»
«Was meintest du denn?»
«Dich.»
«Ach so. Ich bin kein Geschenk.»
«Für mich schon.»
«Nein, ich bin kein Geschenk. Vielleicht ist die Zeit ein Geschenk, die Zeit, die wir zusammen verbracht haben.»
«Wenn du’s so sehen willst, okay.»
«Ja. Und die Zeit ist abgelaufen.»
«Warum? Warum ist unsere Zeit abgelaufen?»
«Nicht unsere Zeit. Meine Zeit.»
«Aber ich liebe dich.»
«Das ist schön. Immerhin einer von uns.»
«Sag mir, was ich tun kann, bitte.»
«Nichts. Wirf die Halskette weg.»
«Niemals.»
«Dann mach Hummus draus.»
«Es reicht! Hör bitte auf.»
«Okay. Das werde ich.»

*kicher kicher kicher kicher kicher*
soooooooooo wundervoll, Idee und Ausgestaltung, lieber Disputnik *hehe*
Liebe Abendgrüße
vom Lu
Gefällt mirGefällt mir
Lieber Lu, vielen Dank fürs Hiersein und Lesen und für deine Worte… Liebe Abendgrüsse zurück…
Gefällt mirGefällt mir
Wunderbar. Berührend. Und ab und zu ein leichtes Kichern. Oder ein Träne.
Macht Lust, Kichererbsenketten an besondere Menschen zu verschenken. (Auch wenn es dann nicht mehr einzigartig ist).
Gefällt mirGefällt mir
Vielen lieben Dank für deine Worte… Und ich glaube, Kichererbsenhalsketten werden tendenziell eher zu selten verschenkt als zu häufig, also nur zu…
Gefällt mirGefällt mir
*lächel*, weil ich keine Kichererbse bin, aber es hat ja nichts mit Kichern zu tun, sondern mit Erbsen, die wir manchmal sogar zählen – es ist schön – ja, wie es ist – weil es ist, wie es ist…
Gefällt mirGefällt mir
Vielen Dank, liebe Bruni, fürs Schönfinden und für deine Worte…
Gefällt mirGefällt mir
Da müssten wohl noch einige Dinge ändern. Oder es bleibt alles, wie es ist. Ist nämlich schön.
Gefällt mirGefällt mir
Ja, wenn etwas schön ist, sollte man’s schön bleiben lassen…
Gefällt mirGefällt mir
Ja. Dann lassen wir es doch. Und werden von Tag zu Tag schöner.
Gefällt mirGefällt mir
Gehört in die Kategorie in dem der Scheinwerfer deines Autos kaputt ist. Geistreich. Schön.
Gefällt mirGefällt mir
Danke. Schön. Jetzt muss nur noch das Dach vom Auto weg…
Gefällt mirGefällt mir