Durchschaubar.

Schon einige Male sagte man ihr, sie sei leicht zu durchschauen, man sprach von ihrer seidenpapierdünnen Haut und vom trivialen Glanz ihrer Oberfläche, von einer Hülle ohne Inhalt und von hübscher Einfalt, und sie hörte zu, weil sie nicht anders konnte, war den Worten ausgeliefert wie ein angeleintes Nutztier der Gerte, nur dass die blutroten … Weiterlesen Durchschaubar.

Schall und Rauch.

Sie sitzt am Fenster, ein Dröhnen in den Ohren, von der Stille und all den unbeantworteten Fragen, ein Rauschen aus klingender Vergangenheit, das Lachen und das Schluchzen, das berstende Geschirr und die leisen Schritte auf Parkett, alles aufgelöst im Widerhall der Zeit, eine Zeit, die alles verschlingt, was sich ihr in den Weg stellt, jede … Weiterlesen Schall und Rauch.

Die Umarmung im Innern.

Sie sind zu klein, sind zu leicht, und wenn die Winde wehen, treiben sie weg, treiben weg vom Gewohnten und hinein ins Ungewisse, und wenn nichts von Dauer und Beständigkeit ist, gibt es keine Absolutheit, sogar das Bekannte bleibt obskur, bleibt labil, die Wirklichkeit ist flüssig, ein Strom, der sich durch das Leben windet, stetig … Weiterlesen Die Umarmung im Innern.

In ihren Räumen.

Sie ist da, und sie ist nirgendwo, allein in diesem Zimmer, in dessen Winkeln sich der Staub sammelt, allein in dieser Stadt, zwischen Millionen leeren Gesichtern, in dieser Welt, die auch im Sommer nicht wärmt, und während draußen kalte Lichter durch die urbanen Adern fließen, hat sie sich über die Rückenlehne des Sofas gelegt, wie … Weiterlesen In ihren Räumen.

Das Erschrecken der Buchstaben.

Alles beginnt mit der Frage, ob Buchstaben eigentlich erschrecken, wenn man eine Seite aufschlägt, und die Frage, sie ist natürlich berechtigt, so berechtigt, dass sie eine Antwort verdient, oder zumindest den Versuch einer Antwort, denn absolute Antworten sind selten und meistens auch ziemlich langweilig, darum hier also der Versuch einer Antwort, ganz kurz, nur ein … Weiterlesen Das Erschrecken der Buchstaben.

Gut ist, was zählt.

Wir hadern damit, dass die Liebe kein Monopol hat, dass wir sie fühlen und trotzdem weinen, trotzdem wüten, und das Leben, das wir leben, ist so, wie es sein soll, und dennoch reibt es uns auf, in gewissen Momenten, der kalte Wind schlägt uns ins Gesicht, lässt Lächeln gefrieren, und manchmal öffnen wir Ventile, der … Weiterlesen Gut ist, was zählt.

Das Atmen der Körper.

Die Welt brennt und wütet, alles ist Schall und Rauch, doch in der Dunkelheit des Raumes ist es still, beinahe, nur das Atmen der Körper ist zu hören; ihre Haut ist warm und weich, mehr als eine Hülle, und nachtblind folgen seine Hände den Konturen, den unsichtbaren Wegen durch vertraute Formen; sie drängen zueinander, wie … Weiterlesen Das Atmen der Körper.

Sehnen, Entzündung.

Vereinzelte Klaviertöne erzählen von einer Zeit, die es längst nicht mehr gibt, von einer Zeit vor der Zeit, vergraben unter den Dingen, die sich häufen und ansammeln, unaufhörlich, und vielleicht gibt es ihn, den Moment im Leben, den man sehnlichst erreichen will, wenn man jünger ist, und an den man sich zurücksehnt, wenn man älter … Weiterlesen Sehnen, Entzündung.

Analphabeten.

A schreit und B schreit lauter, denn A glaubt, dass B etwas hat, was A gehört, während B darauf beharrt, dass es B zusteht, und C möchte derweil etwas von B, kann aber nur davon flüstern, denn eigentlich ist C auf der Seite von A, weil B etwas anderes glaubt als A und C, was … Weiterlesen Analphabeten.

Nackter.

Jeder Gedanke zerpflückt, jedes Wort analysiert, jede Geste bewertet, jeder Blick einsortiert, und trotzdem das Bohren in Wunden, das Schürfen nach Dingen, die nicht existieren, und wenn alles gesagt ist, wird nur noch gesprochen, wird nur noch geweint, und was klein ist, wird groß, und was groß ist, wird alles, und was alles ist, droht … Weiterlesen Nackter.

Ein Satz über die unterschiedliche Lautstärke des öffentlichen Sterbens.

Es ist schön warm im Wohnzimmer, ein schönes, warmes und wohnlich gezimmertes Leben, und während wir billigen Wein aus nicht ganz billigen Gläsern trinken, sterben die Menschen im Fernsehen, sterben in den Zeitungen und im Internet, und wenn etwa einige Dutzend Personen in amerikanischen Metropolen einem Sturm zum Opfer fallen, ist die Betroffenheit groß, obwohl … Weiterlesen Ein Satz über die unterschiedliche Lautstärke des öffentlichen Sterbens.

Sakrale Exkremente.

Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein, was sich bereits im Umstand zeigt, dass die eigene Existenz in Frage steht und diese Frage allein aufgrund der Faktenlage gerne ein Nein nach sich zieht, was jedoch nicht von Belang sein dürfte, da man sich als Gott auf seine primäre Dialoggruppe fokussiert, ohne dabei vermeiden zu … Weiterlesen Sakrale Exkremente.

Leymah Gbowee.

Ihr Name ist für unsere Zungen und Augen eine Herausforderung, eine weitgehend unbekannte dazu, denn er ist nur wenigen ein Begriff, was wiederum nicht an der Anordnung der Buchstaben liegt, sondern eher an der fremden Welt, in der sie sich bewegt, sich selbst, aber auch viele andere Menschen, vornehmlich Frauen, etwa jene, die sie zum … Weiterlesen Leymah Gbowee.

Ein Satz über das letzte Wort.

Man sagt oft, Frauen hätten das letzte Wort, und angesichts der Tatsache, dass die statistische Frau einige Jahre länger lebt als der statistische Mann und somit noch sprechen kann, wenn der geschlechtliche Kontrahent längst verstummt ist, wohnt diesem Klischee durchaus ein Körnchen Wahrheit inne, doch ich kenne keine statistische Frau, übrigens auch keinen statistischen Mann … Weiterlesen Ein Satz über das letzte Wort.