Sie ist da, und sie ist nirgendwo, allein in diesem Zimmer, in dessen Winkeln sich der Staub sammelt, allein in dieser Stadt, zwischen Millionen leeren Gesichtern, in dieser Welt, die auch im Sommer nicht wärmt, und während draußen kalte Lichter durch die urbanen Adern fließen, hat sie sich über die Rückenlehne des Sofas gelegt, wie eine zusammengefaltete Wolldecke, nackt und mit getrockneten Tränen im Gesicht, ein verzweifeltes Streben nach Nähe, nach einer Form von Geborgenheit, und endlich spürt sie etwas, spürt den rauen Stoff des Sofas auf ihren Wangen, den Brüsten und dem Bauch, der Saum an der Kante drückt leicht in ihren Schoss, ein textiler Liebhaber, ihr Körper ist mehr als eine Hülle, er ist das einzige Organ an diesem leblosen Ort, die Haut ist erschrocken ob der Berührung, und benommen lässt sie ihre Hand über die Polster gleiten, beobachtet stumm, wie sich die feinen Fäden wieder aufrichten, und dann schließt sie ihre Augen, denkt sich tiefer in sich hinein, tastet sich weit ins Innere, zaghaft und zitternd, sie entsagt den Zangen der Zeit, klammert sich an Fragmente, an karge Reste ihres Lebens, der Puls entschleunigt, sie atmet ein, sie atmet aus, sie atmet alles aus, was schwer in ihren Räumen liegt, und dann ist sie leer ohne Leere, sie ist da, und sie ist nirgendwo.

Äußerst berührend geschrieben. Hier passt jedes Wort, scheint es. Ein erotischer Tanz mit der Innigkeit – in einer Welt, die kaum noch Innigkeit kennt. Ich danke vielmals, an diesem Text geistig teilhaben zu dürfen.
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Ich habe zu danken, für dein Teilnehmen und Teilhaben und Mitteilen. Und für das Wort Innigkeit in diesem Kontext. Danke!
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