Eigentlich ein Ei.

Am Anfang war das Huhn, und am Anfang war das Huhn ein Ei, doch eigentlich spielt es keine Rolle, es ist nicht von Belang, ein Ei ist eigentlich einerlei, und wenn man ein Poulet mit einer Mischung aus Salz und Eiweiss bedeckt, damit im auf 220 Grad vorgeheizten Ofen während 60 Minuten schliesslich eine schöne … Weiterlesen Eigentlich ein Ei.

Eefje.

Sie trafen sich in einem Pub in London. Er weiß nicht mehr, wie es hieß, doch er redet sich ein, dass man das Pub Destiny nannte, Schicksal. Er redet sich vieles ein. Manchmal schnüffelt er an seinem Unterarm und will sich davon überzeugen, dass er dabei winzig kleine Partikel von ihr einatmet, die dem Wind … Weiterlesen Eefje.

Unter dem Schnee.

Es hatte immer wieder geschneit in diesem Winter, die Tage waren häufig grau und bitterkalt. Der Schnee lag wochenlang auf den Feldern und Wiesen. An manchen Tagen schmolzen einige Zentimeter weg, dann wieder fiel neuer Schnee und ließ die Schicht wieder anwachsen. Was unter der Schneedecke lag, blieb verborgen. Und es war kaum vorstellbar, dass … Weiterlesen Unter dem Schnee.

Im Schritttempo.

Sie hätte ein Taxi nehmen sollen. Eva hatte gedacht, dass ihr die frische Luft gut tun würde. Sie hatte gehofft, dass die Wirkung des Alkohols auf dem Nachhauseweg nachlassen und sie sich nicht mehr ganz so betrunken und elend fühlen würde. Diese Hoffnung hat sich zwar erfüllt. Trotzdem war es ein Fehler. Zunächst war Eva … Weiterlesen Im Schritttempo.

Postkarte 5: Heimaten

Für eine gemeinsame Lesung mit Sandkastenfreund Patrik Kobler in der alten Heimat entstanden fünf kurze Postkartentexte, die in einer Art Dialog mit Patriks fünf Postkarten ihren Weg auf die Bühne fanden. Postkarte 5: Heimaten Lieber Patrik Vorhin habe ich mich gefragt, wo meine Heimat ist. Wenn jeder Mensch eine Heimat hat, dann habe auch ich … Weiterlesen Postkarte 5: Heimaten

Postkarte 4: Vielleicht

Für eine gemeinsame Lesung mit Sandkastenfreund Patrik Kobler in der alten Heimat entstanden fünf kurze Postkartentexte, die in einer Art Dialog mit Patriks fünf Postkarten ihren Weg auf die Bühne fanden. Postkarte 4: Vielleicht Lieber Patrik Weißt du noch, wie wir immer gesagt haben: Weißt du noch? Wir haben uns daran erinnert, wie wir uns … Weiterlesen Postkarte 4: Vielleicht

Postkarte 3: Ernsthaftigkeit

Für eine gemeinsame Lesung mit Sandkastenfreund Patrik Kobler in der alten Heimat entstanden fünf kurze Postkartentexte, die in einer Art Dialog mit Patriks fünf Postkarten ihren Weg auf die Bühne fanden. Postkarte 3: Ernsthaftigkeit Lieber Patrik Ich vergesse bisweilen den Namen meiner ersten Freundin. Also meiner ersten festen Freundin, wie man das damals nannte. Der … Weiterlesen Postkarte 3: Ernsthaftigkeit

Postkarte 2: Zeitlosigkeit

Für eine gemeinsame Lesung mit Sandkastenfreund Patrik Kobler in der alten Heimat entstanden fünf kurze Postkartentexte, die in einer Art Dialog mit Patriks fünf Postkarten ihren Weg auf die Bühne fanden. Postkarte 2: Zeitlosigkeit Lieber Patrik Kennst du jene Menschen, die behaupten, sie hätten keine Zeit? Sie sind häufig kurzatmig, blicken sich nervös um, kratzen … Weiterlesen Postkarte 2: Zeitlosigkeit

Postkarte 1: Zeitreisen

Für eine gemeinsame Lesung mit Sandkastenfreund Patrik Kobler in der alten Heimat entstanden fünf kurze Postkartentexte, die in einer Art Dialog mit Patriks fünf Postkarten ihren Weg auf die Bühne fanden. Postkarte 1: Zeitreisen Lieber Patrik Ich schreibe dir nicht von einem Ort, sondern von einer Zeit. Ich schreibe dir nicht von einem kleinen Küstenstädtchen … Weiterlesen Postkarte 1: Zeitreisen

Pasta.

Sie wohnten einige Jahre lang im gleichen Haus. Das Haus war voller Leben, war bunt und herzlich, ein wundervoller Mikrokosmos, in welchem so vieles und so viele Platz hatten. Es war ein schönes Haus, denkt Yvonne. Doch vielleicht war es das auch nur wegen ihr. Wegen Francesca. Sie hat sich eine Nudelmaschine gekauft. Schon lange … Weiterlesen Pasta.

Ein dunkelgrau gekleideter Reiter.

Etwa eine Woche, bevor die Welt untergeht, hat Hugo ein Vorstellungsgespräch für eine Stelle in der Redaktion einer Boulevardzeitung. Er mag die Boulevardzeitung nicht, er liest sie nicht und findet die überdimensionalen Schlagzeilen fürchterlich, doch er ist arbeitslos und antriebslos und braucht Geld, also geht er hin, zu jenem Gespräch. Im Besprechungszimmer hängt ein ziemlich … Weiterlesen Ein dunkelgrau gekleideter Reiter.

Das alte Buch.

Es ist eine andere Handschrift in diesem alten Buch, hastiger und unachtsamer als seine heutige Handschrift, und einen Moment lang denkt er daran, dass er nicht die gleiche Person ist wie jene, deren Worte er liest. Es ist ein unsinniger Gedanke, das weiß er, wahrscheinlich sogar ungesund. Er weiß, er sollte seine eigene Geschichte nicht … Weiterlesen Das alte Buch.

Krallen im Penis.

Am abendblauen Himmel hängt ein Wolkengebilde, die Form erinnert an den Kopf einer Katze, und auch er erinnert sich an eine Katze, sie lebte bei ihm, lebte mit ihm, und einmal, sie war jung und sehr verspielt, kletterte die Katze seinem Bein empor, grub die Krallen tief in seine Jeans und unter dem Stoff in … Weiterlesen Krallen im Penis.

Ichs.

Bisweilen entfernt man sich von einer Version des eigenen Ichs so weit, dass man sich in den Erinnerungen kaum mehr zu erkennen vermag, und womöglich kehrt man in Gedanken zurück ins Kinderzimmer, sieht sich um und sucht nach vertrauten Bildern, doch alles bleibt vage und verschwommen, da sind keine greifbaren Formen, da ist keine Klarheit, … Weiterlesen Ichs.

Frau Gustafsson.

Eigentlich hat Ivan gar keine Zeit. Er hat noch Termine in sieben weiteren Häusern im Quartier, um dort die Elektroinstallationen zu prüfen, und sein Chef mag es nicht, wenn er länger als nötig bei Kunden bleibt. Doch Frau Gustafsson beharrt darauf, ihm einen Kaffee zu machen, also setzt er sich auf den alten Polstersessel im … Weiterlesen Frau Gustafsson.

Eidechsen.

Jeden Sommer verbrachte Arianna im Ferienhaus ihrer Großeltern im Süden Italiens, und jeden Sommer sah sie Eidechsen. Manche von ihnen kletterten ihr sogar auf den Handrücken. Bei niemandem sonst schienen sich die Eidechsen auf die Hand zu wagen, und irgendwie war sie sehr stolz darauf. Manchmal dachte sie, dass sie etwas Besonderes sei, sie glaubte, … Weiterlesen Eidechsen.

Fledermäuse.

An der Wand hängt ein Bild von Mahatma Gandhi, und in der Regel starrt er lediglich ein wenig schläfrig in den Raum, doch manchmal ist er damit beschäftigt, einen Zauberwürfel zu bearbeiten und die gute alte Perfektion der gleichen Farben wiederherzustellen, oder er isst einen Apfel, meistens Golden Delicious, oder er schneidet Grimassen, und jetzt … Weiterlesen Fledermäuse.

Trampolin.

Die Menschen sind aus der Welt gewischt, da sind keine Kinder und keine Eltern und keine Senioren mit künstlichen Hüftgelenken, da sind nur erstaunlich viele Vögel, vor allem Krähen, auch einige Amseln und Spatzen, und da ist ein Trampolin, scheinbar schlafend in der Stille, wie ein paralysierter Riese im hohen Gras. Spielplätze und Schaukeln und … Weiterlesen Trampolin.

Der Friseur.

Man war längst kein Kind mehr, aber auch noch nicht wirklich erwachsen; man taumelte irgendwo dazwischen, in einer Schleuse zwischen den Zeiten, diffus und verführerisch zugleich. Manche standen auf wackligen Beinen im Berufsleben, andere studierten, wieder andere überlegten noch, was auch immer. Einige wohnten noch bei ihren Eltern, einige hatten bereits ihre eigenen Wohnungen, klein … Weiterlesen Der Friseur.