Im Rahmen.

Es mag unendlich sein, das Universum, doch das Bild, das wir uns davon machen, rahmen wir ein. Wir entscheiden, was wir sehen wollen und wo dieser Anblick seine Grenzen finden soll. Alles hat im Rahmen zu bleiben; im Rahmen des Möglichen, im Rahmen des Machbaren, im Rahmen unserer Vorstellungen. Wer aus dem Rahmen fällt, der … Weiterlesen Im Rahmen.

Haltentgleiten.

Man kann sie halten, die Dinge, ohne dem Halten einen Gedanken zu schenken, alles ist ruhig, alles ist gut. Man hält den Teller, den Taschenspiegel, man hält das gefüllte Weinglas, alles ist klar, alles selbstverständlich. Im Moment des Entgleitens ist es bereits zu spät, es gibt kein Zurück mehr, und während das Weinglas fällt, verharrt … Weiterlesen Haltentgleiten.

Sitzgelegenheit.

Da ist diese Sitzgelegenheit, und er nimmt die Gelegenheit wahr, und nun sitzt er da, am Bahnhof, inmitten von Menschen, die er nicht kennt, Menschen, die ihm eigentlich nichts bedeuten, und doch geben sie ihm viel, sie füllen die leere Zeit, von der er Unmengen hat, und das Gemurmel der Leute und das Stöckelschuhgeklapper, das … Weiterlesen Sitzgelegenheit.

Gute Gründe.

Du musst uns gute Gründe liefern. Dass dir ein Zugang zu Schule und Beruf ebenso verwehrt bleibt wie unverschmutztes Trinkwasser, ist keiner dieser guten Gründe. Wenn dein Sohn kein Kind sein darf, sondern als Soldat zu dienen hat, wenn deine Töchter geschändet und verschleppt werden, wenn eine Mine in dein Bein beisst und Flammen deine Hütte fressen, kümmert es uns nicht, und wenn du sterben solltest, dann stirbst … Weiterlesen Gute Gründe.

Auf dem schmalen Grat.

Wir gehen auf dem schmalen Grat, denn es gibt keinen anderen Weg, dies ist unsere Route, und die Wegweiser, sie zeigen nicht nach Norden oder Westen, sondern stets auf uns. Da ist kein Handlauf, keine Brüstung, kein Seil, das uns sichert, und wenn wir fallen, fallen wir tief. Niemand wacht über uns, niemand fängt uns … Weiterlesen Auf dem schmalen Grat.

Raupen sind doof.

Raupen sind doof, Raupen sind nimmersatt, machen Salatblätter löchrig und Salatzüchter wütend. Schmetterlinge sind schön, sind herzerwärmend, kein anderes Tier darf in unseren Bäuchen fliegen. Wir preisen die inneren Werte, nichts sei uns wichtiger; jede Oberflächlichkeit bestreiten wir heftig, unser Sozialverhalten erscheint uns distinguiert, wir haben immer Recht, und sollten wir einmal falsch liegen, ist … Weiterlesen Raupen sind doof.

Du da.

Wenn all der Ballast wegfällt, wenn Tand und Trödel von den Regalen geräumt und leere Becher entsorgt sind, wenn der Zierrat verschwunden und jeder Fetzen Papier zerknüllt ist, wenn alles, was nicht benötigt wird, auch nicht mehr gebraucht wird, wenn alles, was nicht da sein muss, auch tatsächlich nicht mehr hier ist, bleibt das, was … Weiterlesen Du da.

Wo es beginnt.

Wo beginnt es? Wohl kaum mit der Atombombe. Wenn lächerliche und gefährliche Menschen mit dieser hantieren und argumentieren, liegt darin kein Anfang. In zerstörten Häusern und Massengräbern findet sich keine Wurzel, in blutverschmierten Kleidern und geschundenen Körpern wohnt kein Ursprung. Diese Dinge, die Dinge dieser Welt, sie sind zwar Anzeichen dafür, wo es hinführt. Doch … Weiterlesen Wo es beginnt.

Die Geister der Erschöpfung.

Der Spaziergang ist längst keiner mehr, ist zum Orientierungslauf geworden, was grundsätzlich kein Problem wäre, doch da ist keine Route eingezeichnet, und ein Ziel ist zwar festgelegt, seine Lage aber ebenso unbekannt wie die Entfernung bis zu jenem ominösen Punkt. Man läuft trotzdem. Im Kreis, in falsche Richtungen, in die Irre und dabei sich selbst … Weiterlesen Die Geister der Erschöpfung.

Imaginäre Schrauben.

Du suchst den imaginären Schraubendreher, um den kleinen Geländewagen zu reparieren, der in einen Unfall verwickelt war und nun kaputt ist und Schmerzen hat. Du drehst an imaginären Schrauben, stellst den umgekippten Wagen wieder auf die Räder, und tatsächlich, er fährt einwandfrei, alles ist wieder in Ordnung, und du bist zufrieden und glücklich und stolz, … Weiterlesen Imaginäre Schrauben.

Seinung.

Sie kostet nichts, obwohl sie wertvoll ist, und dennoch wollen sich viele Menschen keine leisten. Das ist natürlich verständlich. Es bereitet Mühe, eine zu gestalten, zahlreiche Aspekte sind zu beachten und gegeneinander abzuwägen. Wer schliesslich eine hat, spürt schnell den Gegenwind im Gesicht, dem es zu trotzen gilt, stösst auf Widerstände, die sich nur mit … Weiterlesen Seinung.

Liegen lassen.

Sie ist in der Luft und in uns drin, sie hält uns am Leben und das Leben in uns, sie ist überall und an unmöglichen Orten, sie ist alles und wir wären nichts ohne sie, doch wir, wir schicken sie durch die Hölle, in den Krieg, in endlose Schlachten, wir treten ihr in den Unterleib, … Weiterlesen Liegen lassen.

Krähen.

Womöglich ist es gefährlich, alles zu geben, denn irgendwann hat man nichts mehr, mit leeren Taschen und vollem Kopf steht man in einer Gegend, die man nicht mehr kennt, und sucht nach Bezugspunkten, die es nicht mehr gibt; man ist nackt, nur bedeckt mit einer Schicht aus Scham und Angst, die nicht zu schützen vermag; … Weiterlesen Krähen.

Ein dummer Satz über einen klugen Menschen.

Er ist klug genug, um sich selbst nicht als besonders intelligent zu bezeichnen, und andere sparen nicht mit wenig schmeichelhaften Urteilen, die sie ausserhalb seiner Hörweite und Gegenwart fällen, doch das kümmert ihn nicht, er macht sich nicht viele Gedanken darüber, wie viele Gedanken er sich macht und wie gelenk sie sich in seinem Kopf … Weiterlesen Ein dummer Satz über einen klugen Menschen.

Augentrost.

Seine Augen schreien. Ich sehe ihn regelmässig, im Zug am Abend, er gehört zu meiner Heimfahrt wie die Zigarette am Bahnhof, doch ich kenne ihn nicht. Wie er heisst, was er tut, woher er kommt, wohin er geht; ich weiss es nicht. Er ist merkwürdig, doch das sind wir alle, und wahrscheinlich wäre er mir … Weiterlesen Augentrost.

Unter der Decke.

Es ist früher Morgen, die Luft ist kalt und klar. Ein Polizeifahrzeug steht vor dem Altersheim und wirkt seltsam fremd, eingerahmt von der Kulisse des herrschaftlichen Gebäudes. Das Blitzgerät einer Kamera erhellt in sporadischen Abständen die Dunkelheit des erwachenden Tages. Die Polizisten befinden sich seitlich des Hauses. Sie machen Notizen, nehmen Bilder auf, sammeln Gegenstände … Weiterlesen Unter der Decke.