Ein Satz über die unterschiedliche Lautstärke des öffentlichen Sterbens.

Es ist schön warm im Wohnzimmer, ein schönes, warmes und wohnlich gezimmertes Leben, und während wir billigen Wein aus nicht ganz billigen Gläsern trinken, sterben die Menschen im Fernsehen, sterben in den Zeitungen und im Internet, und wenn etwa einige Dutzend Personen in amerikanischen Metropolen einem Sturm zum Opfer fallen, ist die Betroffenheit groß, obwohl … Weiterlesen Ein Satz über die unterschiedliche Lautstärke des öffentlichen Sterbens.

Hautsache.

Er mag sie nicht. Da stehen zwei junge Männer, einige Meter von ihm entfernt, und er hat sie wahrscheinlich noch nie zuvor gesehen, doch er mag sie nicht. Sie sind nicht die einzigen, die am Bahnhof stehen, nicht die einzigen, die sich lauthals unterhalten, nicht die einzigen, die miteinander lachen, doch sie sind die einzigen, … Weiterlesen Hautsache.

Ein Mann, zwei Züge.

Ich rauche meine Freunde bis zum Filter, zumindest beinahe. Dennoch erkennt er einen Wert in jenem Stummel, den ich mangels Alternativen auf den Asphalt fallen lasse. Er hebt ihn auf, nimmt einen Zug, atmet den Rauch schnell ein und umso langsamer wieder aus, zieht ein weiteres Mal an der Zigarette und wirft sie schließlich zur … Weiterlesen Ein Mann, zwei Züge.

Die lächerliche und fiktive Biografie von Francesco.

Vor gefühlten Jahrzehnten, als Unmengen von Zeit in meiner Welt herumlagen, die es totzuschlagen galt, um mich von Gedanken an meine Arbeitslosigkeit und die Irrelevanz meiner Existenz abzulenken, gewöhnte ich mir an, diesem Totschlagen die Form von täglichen Ausflügen zum Supermarkt meines Vertrauens zu geben, der glücklicherweise nur wenige Gehminuten von meiner Wohnung entfernt lag. … Weiterlesen Die lächerliche und fiktive Biografie von Francesco.

Die Welt ein Rechteck.

Sie ist immer da, in ihrem Rechteck, jeden Tag, vom Erwachen bis zum letzten Licht. Es ist ein Fenster in der obersten Etage des Altersheimes. Manchmal steht sie, auf das Fensterbrett gestützt. Sie ist klein und breit. Manchmal sitzt sie, dann ist nur ein Teil des Kopfes sichtbar. Doch sie ist immer da, in ihrem … Weiterlesen Die Welt ein Rechteck.

Sitzgelegenheit.

Da ist diese Sitzgelegenheit, und er nimmt die Gelegenheit wahr, und nun sitzt er da, am Bahnhof, inmitten von Menschen, die er nicht kennt, Menschen, die ihm eigentlich nichts bedeuten, und doch geben sie ihm viel, sie füllen die leere Zeit, von der er Unmengen hat, und das Gemurmel der Leute und das Stöckelschuhgeklapper, das … Weiterlesen Sitzgelegenheit.

Augentrost.

Seine Augen schreien. Ich sehe ihn regelmässig, im Zug am Abend, er gehört zu meiner Heimfahrt wie die Zigarette am Bahnhof, doch ich kenne ihn nicht. Wie er heisst, was er tut, woher er kommt, wohin er geht; ich weiss es nicht. Er ist merkwürdig, doch das sind wir alle, und wahrscheinlich wäre er mir … Weiterlesen Augentrost.

Unter der Decke.

Es ist früher Morgen, die Luft ist kalt und klar. Ein Polizeifahrzeug steht vor dem Altersheim und wirkt seltsam fremd, eingerahmt von der Kulisse des herrschaftlichen Gebäudes. Das Blitzgerät einer Kamera erhellt in sporadischen Abständen die Dunkelheit des erwachenden Tages. Die Polizisten befinden sich seitlich des Hauses. Sie machen Notizen, nehmen Bilder auf, sammeln Gegenstände … Weiterlesen Unter der Decke.