Er mag sie nicht. Da stehen zwei junge Männer, einige Meter von ihm entfernt, und er hat sie wahrscheinlich noch nie zuvor gesehen, doch er mag sie nicht. Sie sind nicht die einzigen, die am Bahnhof stehen, nicht die einzigen, die sich lauthals unterhalten, nicht die einzigen, die miteinander lachen, doch sie sind die einzigen, die dabei ein dunkles Hautkleid tragen. Eine optische Abweichung von der situativen Mehrheit, mehr nicht, doch sie ist Grund genug für ihn, die beiden Männer nicht zu mögen.
Er ist ziemlich alt, die grauen Haare klammern sich kraftlos an den Kopf, sein Körper ist leicht gekrümmt, als wäre er in sich zusammengefallen, die Augen sind zu schmalen Schlitzen geformt, und aus diesen wirft er giftige Pfeile gegen die Männer. Jene tun wohl gut daran, ihm keine Beachtung zu schenken und sich ihrer Unterhaltung zu widmen. Derweil mustere ich den alten Herrn, verorte ihn politisch und menschlich, ich stelle seine sozialen Kompetenzen ebenso in Frage wie seine Empathie, und dass ich ihm den Namen Adolf verleihe, liegt weniger an Hitler als an meinem ehemaligen Lehrer, an den seine Gesichtszüge mich erinnern, doch es passt ohnehin, und während ich mich frage, wie er sich wohl fühlen müsste, wenn er in der Haut der beiden Männer stecken und von einem Unbekannten vorverurteilt werden würde, sieht er mich an, prüfend und fragend. Mein Blick fällt beschämt zu Boden und heftet sich an einen zertretenen Kaugummi.
Als ich wieder aufschaue, fixiert der alte Herr wieder die beiden jungen Männer. Er schüttelt mehrmals den Kopf, dann wendet er sich ab, und während er langsam dem Bahnsteig entlanggeht, murmelt er einige Worte, von denen ich nur eines verstehen kann. Pack.
Immerhin.
