Stavros.

Letzthin sah ich Stavros. Er trug Arbeitskleidung und stieg gerade aus einem Auto und ging zu einem Kiosk und sah noch immer genau gleich aus wie früher. Nun sehen nahezu alle Menschen gleich aus wie früher, wenn dieses Früher fünfzehn Minuten zurückliegt, doch in diesem Fall reichte das Früher rund fünfzehn Jahre in die Vergangenheit. … Weiterlesen Stavros.

Raketenrucksack.

Es war 1984, im Fernsehen lief eine Zusammenfassung der Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele in Los Angeles. Irgendwann schwebte ein Mann ins Stadion. Die Stimme im Fernseher nannte das Ding auf seinem Rücken wahrscheinlich Jetpack. Für mich war es ein Raketenrucksack. Dieser Raketenrucksack war die Zukunft. Meine Zukunft. Ich war überzeugt, dass sich bald alle Menschen … Weiterlesen Raketenrucksack.

Der Peter.

Die Musikkassette war noch an der Macht, man sprach aber immer häufiger von der CD, und einige davon standen auch bereits in den Läden. Wir waren damals Kinder und hatten keine Ahnung von diesen seltsamen Silberscheiben, keiner wusste viel darüber, keiner außer Peter. Der Peter. Die CD, die sei im Innern flüssig, belehrte er uns, … Weiterlesen Der Peter.

Der Postbote.

Er kam jeden Vormittag um elf Uhr fünfundzwanzig. Nicht vierundzwanzig, nicht sechsundzwanzig. Genau elf Uhr fünfundzwanzig, jeden Tag, von Montag bis Freitag, und die Atomuhr, sie mag das Uhrzeitdiktat für sich beanspruchen, will genauer sein als alle anderen Uhren, doch gegen seine Präzision hätte sie nichts ausrichten können. Er war die Definition von Pünktlichkeit in … Weiterlesen Der Postbote.

Helena.

Sie war wunderschön. Sie war damals die Schönste, schöner als der ganze Rest, und wenn es mir möglich war, sie zu sehen, war sie die einzige Frau der Welt. Es gab keine anderen Frauen mehr, nirgends. Nur sie. Helena. Helena stand am Strand eines Meeres, das ich nicht kannte. Sie trug lediglich ein Bikini-Höschen, sonst … Weiterlesen Helena.

Der kleine Polizist.

Wir nannten ihn den kleinen Polizisten. Klein war er tatsächlich, kaum größer als wir Kinder es damals waren. Und er war alt. Schon immer. Niemand konnte sich vorstellen, dass er einst ein junger Mann gewesen sein musste. Ein Polizist war er derweil nicht. Dennoch trug er eine Uniform. Sie bestand aus einem grauen Jackett, einer … Weiterlesen Der kleine Polizist.

Ab in den Sarg.

Es war Mitte der 1980er Jahre, und zu all jenen Kompetenzen, die mir damals als schüchterner Grundschüler fehlten, zählte die Fähigkeit, die Bedeutung und die Dimensionen von AIDS auch nur ansatzweise erfassen zu können. In meinen Augen war es eine furchtbare Krankheit, die mit dem Tod endete. Das Wort Tod war derweil ebenso ominös. Ich … Weiterlesen Ab in den Sarg.

Kopflos.

Es war bereits dunkel, der Tag hatte sein Licht gelöscht, nur die Scheinwerfer des Mercedes leuchteten unbeirrt in die Nacht. Der Mercedes gehörte dem Patenonkel meiner Schwester, er und seine Frau hatten uns einige Stunden lang die ungeahnten Freuden eines Vergnügungsparkes ermöglicht, der ziemlich weit entfernt von dem Ort lag, in welchem wir lebten. Es … Weiterlesen Kopflos.

Und zugleich.

Deine Welt war eine andere, kleiner und zugleich größer, und du warst in ihr kleiner und zugleich größer als ich es heute bin. Du hast häufiger geweint und häufiger gelacht, du hast heftiger gejubelt und heftiger gebangt als ich es heute könnte. Deine Angst und dein Mut waren kleiner und zugleich größer, und du warst … Weiterlesen Und zugleich.

Von der Traurigkeit, wenn niemand Hamster kocht.

Es war ein seltsam unauffälliges Haus. An mehreren Stellen blätterte Putz von den Mauern, aber nicht zu sehr, es war keine Ruine, auch nicht baufällig, lediglich ein altes Haus, grau und öde. Eigentlich hätte es nichts darüber zu berichten gegeben, dennoch war es berühmt, zumindest in der kleinen Welt meiner Kindheit, denn es hiess, darin … Weiterlesen Von der Traurigkeit, wenn niemand Hamster kocht.