Glätte.

Eigentlich dürfte er nicht überrascht sein, schließlich war die Gefahr offensichtlich. Die bitterkalte Luft über der winterlichen Landschaft. Das Knacken und Knirschen unter seinen Füssen. Das verräterische Glitzern auf dem Weg vor ihm. Er wusste um das Risiko, das eine von Eis bedeckte Straße in der Regel birgt, kannte die Unberechenbarkeit der Oberfläche. Aber bereits nach den ersten Metern ohne Zwischenfall wiegte er sich in trügerischer Sicherheit, ließ die Anspannung allzu bereitwillig von sich abfallen und die Vorsicht immer mehr hinter sich, war er doch trittfesten und schadlosen Schrittes vorangekommen. Doch jetzt haben diese trittfesten und schadlosen Schritte keinen Wert mehr, sind kein Trost, denn jetzt ist es zu spät. Er ist ausgerutscht. Und während ihm die Kontrolle über seinen Körper in Zeitlupentempo entgleitet, sucht er nach den passenden Kraftausdrücken, die er sich selbst an den Kopf werfen könnte.

Er ist bereits spürbar nach hinten gekippt, als er beginnt, sich über die Momente Gedanken zu machen, in denen er sich mit der Einsicht konfrontiert sah, es wohl besser hätte wissen müssen. Er denkt an trunkene Abende. An salzige Küsse. An wohlmeinende Worthülsen. An fehlgeleitete Investitionen. An erblindetes Vertrauen. An gebrochene Versprechen. Er denkt an all seine Dummheiten, die verzeihlichen und die anderen. Und eigentlich möchte er gnädig mit sich sein, möchte Nachsicht üben, denn Fehler, selbst die absehbaren, tragen bekanntlich die schöne Chance in sich, aus ihnen lernen zu dürfen. Doch kurz bevor sein Hintern auf den Boden prallt, erinnert er sich daran, wie oft er bereits ausgerutscht ist. Ja, es wird wieder weh tun, ein weiteres Mal. Und irgendwie ist er dann doch noch ein wenig überrascht.