Da ist ein Pickel, eine Pustel, auf seiner Wange, neben der Nase, und selbige rümpft er, denn er ist eigentlich zu alt für Akne, viel zu alt, Akne ist ein Problem der Jungen, eine eitrige Bürde der Pubertät, welcher er längst entwachsen ist, doch die Pickel kehren immer wieder zurück, zwar nur vereinzelt, aber unvermindert lästig, und er denkt an seine picklige Pubertät und an Clearasil und an eine junge Frau, die früher als Werbegesicht für die Hautpflegeprodukte von Clearasil in Fernsehspots auftrat, eine zierliche Frau mit schmaler Nase und dunkelblondem Haar, sie war hübsch und ihre Haut war ganz glatt und alles an ihr war sauber und rein und sie schaute wach und froh in die Kamera und lächelte ein sauberes und reines und waches und frohes Lächeln, und er kannte damals keine Frau, die so aussah wie die Frau aus der Clearasil-Werbung, nicht einmal annähernd, und er hat seither auch keine Frau kennengelernt, die so aussah wie die Frau aus der Clearasil-Werbung, überhaupt kennt er niemanden, der so aussieht wie Menschen in Fernsehspots oder auf Plakaten, höchstens eine weibliche Peripherbekanntschaft, die einst als Fotomodell arbeitete, doch er fand sie damals nicht hübsch und schon gar nicht schön, sondern lediglich langweilig und arrogant und kühl, und sie hatte zwar keine Akne, aber ihre Haut sah dennoch nicht so aus wie jene der Frau aus der Clearasil-Werbung, da war lediglich eine dicke Schicht Make-up, die wie eine Maske auf dem Gesicht lag, und von der Akne wandern seine Gedanken zu Suizid, ganz ohne Umweg, als läge zwischen Akne und Suizid eine direkte Verbindung, und so, wie er eigentlich zu alt für Akne ist, ist er eigentlich auch zu alt dafür, darüber zu sinnieren, sich das Leben zu nehmen, zumindest in den heftigsten Ausprägungen liegen diese Gedanken doch weit zurück, und obwohl sie weitaus mehr waren als nur eine eitrige Bürde, müsste er ihnen doch längst entwachsen sein, doch die Gedanken kehren immer wieder zurück, wie Pickel, zwar nur vereinzelt, aber unvermindert lästig, und er betrachtet den Pickel neben seiner Nase und würde ihn gerne ausdrücken, doch er weiß, dass man das nicht tun sollte, das führt zu Entzündungen, also lässt er es sein, löst seinen Blick vom Pickel und versucht, das ganze Gesicht einzufangen, dieses Gesicht, dass er täglich sieht, seitdem seine Körpergröße ausreicht, um in den Badezimmerspiegel schauen zu können, und seit jenem Moment ist er der einzige Mensch, den er jeden Tag seines Lebens gesehen hat, das einzige Gesicht, das ihm jeden Tag begegnet ist, und hätte er eine Wahl, hätte er hierfür wohl jemand anderes gewählt, einen anderen Menschen, ein anderes Gesicht, auch wenn er nicht weiß, wer er lieber gewesen wäre, da ist niemand, dessen Leben er gerne gelebt hätte, zumindest fällt ihm niemand ein, ihm kommen nur Menschen in den Sinn, mit denen er nicht hätte tauschen wollen, zum Beispiel der dicke Theophil aus der Schule, denn eben, er war dick und hieß Theophil, oder Peter, denn Peter war zwar schlank und hieß einfach Peter, hatte aber sehr viele Pickel, so viele, dass sein Gesicht lange Zeit von Narben bedeckt war, unzählige kleine Mondkrater, in die sich das Sonnenlicht niemals verirrte, und nach Theophil und Peter denkt er an Daniel, der beliebt war und gut aussah und häufig lachte, jedenfalls so lange, bis er sich das Leben nahm, und er stellt sich vor, dass es Clearasil für die Seele gäbe, eine wässrige Lotion, die man auftragen könnte, um all die Mitesser und Narben und Furchen und eitrigen Stellen im Innern auszumerzen, ein wirksames Heilmittel gegen die beinahe unerträglichen Seelenpickel, das wäre doch schön, das wäre doch wichtig und wertvoll, doch dann denkt er daran, dass auch er früher Clearasil benutzt hat, es auf sein Gesicht aufgetragen hat, ohne dass sich die Akne dadurch gebessert hätte, nichts hat sich dadurch verändert, und selbst, wenn er eine Frau gewesen wäre, hätte er nicht so ausgesehen wie die Frau aus der Clearasil-Werbung, auch mit Clearasil war es sein eigenes Gesicht, das er jeden Tag ansah und allzu oft nicht ausstehen konnte, und wahrscheinlich war die Zeit ein wirksameres Mittel als Clearasil, auch wenn sie nicht alles heilt, natürlich nicht, und dann schaut er in den Spiegel, versucht ein sauberes und reines und waches und frohes Lächeln, und es ist nicht perfekt, ganz und gar nicht, aber es ist immerhin echter als das saubere und reine und wache und frohe Lächeln der jungen Frau aus der Clearasil-Werbung.
