So jung kommen wir nicht mehr zusammen, sagte Dirk, und Olli redete darüber, wie die Zeit sich so beeilt und so wenig bleibt von dem, was einmal war, und David meinte, dass wir Helden sein könnten, nur für einen Tag, doch der Tag, er kam nicht, niemand wurde ein Held, höchstens Tim oder Tom, der ein Kind vor dem Ertrinken gerettet hatte, man weiß nicht, ob er Tim oder Tom hieß, aber er hatte ein Kind vor dem Ertrinken gerettet, und das macht ihn doch eigentlich zum Helden, doch man hörte auch, dass Tim oder Tom seine Frau schlug, ebenso seinen Hund, überhaupt war er ein ziemlich unangenehmer Mensch, nicht so, wie Helden sein sollten, doch damals, als Tim oder Tom ein Kind vor dem Ertrinken rettete, war er wohl ein Held, nur an jenem Tag, aber David sang wohl nicht über Tim oder Tom, niemand sang über Tim oder Tom, denn Tim oder Tom war ein Arschloch, auch wenn er jenes Kind vor dem Ertrinken gerettet hatte, und dieses Paradoxe, diese Gegensätze, diese Widersprüche, sie machen die Dinge manchmal so kompliziert, dass man hin und wieder gerne fliehen möchte, weit weg, so wie Mark, der zum Mond hinaufkletterte, oder wie Elliott, der im Sonnenschein einschlafen wollte, um nicht sehen zu müssen, wie der Tag stirbt, oder Scott, der sich den Suizid für einen anderen Tag aufsparte, so lange, bis der andere Tag kam, und wäre Tim oder Tom dort gewesen, bei Scott, hätte er ihn vielleicht ebenfalls retten können, wie jenes Kind, doch Tim oder Tom war nicht dort, Tim oder Tom schlug gerade seine Frau oder seinen Hund, und überhaupt hätte Scott nicht gerettet werden wollen, schon gar nicht von Tim oder Tom, denn Tim oder Tom war ein Arschloch und Scott kein Kind mehr, denn auch Kinder werden älter, das wusste auch Stevie, und Tori spürte, wie das Eis immer dünner wurde, und die Zeit, sie beeilte sich immer mehr, und man rannte mit, kletterte hinauf und wieder zurück, und man lernte, damit klarzukommen, überhaupt lernte man, weil man musste, auch Nina meinte, man müsse unaufhörlich lernen, man müsse lernen, ein glückliches Gesicht zu zeigen, auch wenn man voller Elend sei, man müsse lernen, stärker zu sein, man müsse lernen, aus harten Erfahrungen zu lernen, und man versuchte ja, das Lernen zu lernen, alle versuchten es, nur Tim oder Tom nicht, denn Tim oder Tom war einen Tag lang ein Held und das genügte ihm, er wollte nichts lernen, und alle anderen hörten zu, wie David von Helden sang, und stellten sich vor, wie es wäre, einer zu sein.

Tocotronic – So jung kommen wir nicht mehr zusammen
Olli Schulz & Der Hund Marie – Weil die Zeit sich so beeilt
Schöne Songlist zur Story… 🙂
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Vielen lieben Dank dir!
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Lieber Disputnik, der Vergleich, der mir einfällt, passt nicht genau zu deiner Geschichte und er erinnert an grausame Zeiten. Es wird ja erzählt, dass die grausamen Ärzte in den KZs die einfühlsamsten Familienväter und Künstler am Klavier oder sonst irgendetwas in der Kunst gewesen sein sollen.
Da ist ja der Spruch „Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“ vielleicht nicht ganz so falsch.
Mit Gruß von Clara
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Nein, der Spruch ist wohl alles andere als falsch; wahrscheinlich gibt es keinen Menschen, der nur das Gute in sich trägt, und ebenso wahrscheinlich gibt es keinen Menschen, der nur das Böse in sich trägt…
Herzlichen Dank dir fürs Lesen und für deine Worte, und liebe Grüsse zurück
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