Die Finger werden zu Beinen, der Handrücken zum Rumpf; es braucht keinen Gott, um zu erschaffen. Das kleine Wesen, es schüttelt sich, streckt seine Glieder. Es sind Dehnübungen, es wärmt sich auf, als wäre es im Begriff, Sport zu treiben oder größere Anstrengungen zu unternehmen. Zunächst jedoch tastet sich das Wesen nur ganz langsam voran, schleicht über eine Matratze und findet einen Fuß. Vorsichtig klettert es hinauf, verharrt einige Sekunden beim Knöchel und geht dann weiter, spürt die knöcherne Härte des Schienbeins, dann die beweglichen Teile des Knies. Bei den Oberschenkeln wird die Haut unter dem Wesen immer wärmer. Es bleibt stehen und überlegt, unter den weichen Slips zu kriechen. Nahezu tanzend nähert es sich dem Saum, steigt dann aber darüber hinweg und setzt seinen Weg fort. Auf dem Bauch legt sich das Wesen flach hin und gleitet über die Haut, unverändert achtsam, hinauf zu den Brüsten und weiter zum Hals. Ihr Gesicht ist vollkommen entspannt, sie schläft, und das Wesen setzt sich auf ihre Schläfe und ruht sich ebenfalls aus. Nach einigen Minuten beugt es seine Fingerbeine und steht auf, wartet noch kurz und geht dann los.
Das Wesen eilt über die Matratze, springt vom Bett hinab auf den Parkettboden und läuft dann hinaus aus dem Schlafzimmer, durch das Wohnzimmer und den Flur, steigt durch die Katzentür ins Freie und erschrickt zunächst, weil die Welt hier draußen so kalt ist; es schüttelt sich kurz und geht weiter, zaghaft zunächst, doch dann mit zunehmender Entschlossenheit, es rennt über eine Straße und wird beinahe von einem riesigen Geländewagen überfahren, und während das Kreischen der Reifen noch in der Luft hängt, rettet sich das kleine Wesen auf die andere Straßenseite und läuft rasch weiter, hinein in die Gassen der Innenstadt, vorbei an überfüllten Abfalleimern und kleinen Baustellen, den grauen Fassaden mit den hohen Schaufenstern entlang, immer bemüht, den Füssen der Menschen auszuweichen, die unerbittlich über den Asphalt strömen, und während das Wesen durch die Stadt stolpert, spürt es, wie die motivierende Entschlossenheit allmählich einer ungeahnten Beklommenheit weicht, die anfängliche Neugier wird zu einem ängstlichen Misstrauen, das noch stärker wird, als das kleine Wesen von einem tobenden grauen Pelzknäuel attackiert wird, das sich als kläffender Hund mit spitzen dunkelweißen Zähnen entpuppt, der offenbar zutiefst irritiert ist, und das kleine Wesen flieht, so schnell es kann, läuft fort, ohne sich umzusehen, läuft immer weiter, bis es einen seltsamen Garten erreicht, ein Garten aus Steinen, die in Reih und Glied nebeneinander stehen und in die kühle Luft ragen, bisweilen geschmückt von Blumen oder Kerzen, und das kleine Wesen tritt ein wenig unsicher auf, stellt einen Finger vor den anderen, und schließlich bleibt es vor einem besonders hohen Stein stehen, blickt sich kurz um und legt sich hin, und während es still im Schatten des Steines liegt, beginnen die Finger, sich in dem Boden zu graben, zunächst nur ein kleines Stück, dann aber tiefer, immer tiefer, die Finger krümmen sich um die feuchte Erde, dringen immer weiter nach unten, bis sie plötzlich auf etwas Hartes treffen und jäh zusammenzucken, kaum mehr wissen, was sie tun sollen, das Wesen zittert und bebt ein wenig, dann schnellt es ruckartig zurück nach oben, läuft los, zwischen den Steinen hindurch über eine Wiese, dann durch einen Wald, einer lauten Straße entlang, bis es irgendwann ein bekanntes Haus erreicht, ein Haus mit einer Katzentür neben der großen Eingangstür, und das kleine Wesen hüpft durch die Katzentür hinein in die Wärme des Gewohnten, in die bekannten Räume mit den bekannten Gerüchen, und als es am Badezimmer vorübergeht, erinnert es sich an die Erde, den Schmutz, also steigt es zum Waschbecken hoch und lässt warmes Wasser einlaufen, wäscht sich mit Seife und trocknet sich ab, und dann geht es in Richtung Schlafzimmer, ganz langsam, genießt jeden Schritt, der es seinem Ziel näher bringt, kostet jede Sekunde aus, bis es endlich das Bett erreicht, auf die Matratze hüpft und den ersehnten Körper findet, noch immer schlafend und schön und warm.
Das kleine Wesen, es klettert auf den Fuss, tastet sich langsam vor, über den Knöchel und das Schienbein bis zum Oberschenkel, dann hin zum Schoss. Beim Saum des Slips bleibt es stehen, bewegt sich leicht im Rhythmus ihres Atems. Der Rumpf wird wieder zum Handrücken, die Beine werden wieder zu Fingern, und die Finger legen sich hin, kriechen unter den weichen Slip, während sie langsam erwacht.

Irgendwie will sich mir der Sinn der „Exkursion“ oder der generelle Sinn des Textes nicht erschließen.
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Das macht nichts… 😉
Trotzdem vielen lieben Dank dir fürs Lesen!
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Genau, das will man als Autor immer im Kopf haben 🤪
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SUV-Bashing darf natürlich nicht fehlen! Nette Geschichte 😁
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Es darf fehlen, muss aber nicht 😉
Vielen Dank dir fürs Lesen!
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Ist dieser eine harmlose Satz wirklich schon „SUV-Bashing“ – das sähe m.M. nach ganz anders aus.
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„Ein Auto“ oder ein „Geländewagen“ hätte gereicht, denn aus der Sicht einer Katze ist jedes Auto riesig, egal ob ein SUV oder ein Smart. Ich fand es nur deshalb bemerkenswert, weil Gott und die Welt gerade über Sinn und Unsinn solcher Autos debattieren. Zufall scheint es demnach nicht zu sein, wobei ich es schon glauben würde, wenn es als einer verkauft würde.
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Es hätte natürlich auch ein Ford Fiesta sein können oder ein Fiat 500, das kleine Wesen wäre dennoch erschrocken. Nun war es aber ein Geländewagen, riesig dazu. Ich denke nicht, dass es dadurch gleich zum Bashing dieser Fahrzeugklasse wird. Doch es steht natürlich jedermann frei, es als solches auszulegen. Zum Verlauf und zum Kern der Geschichte tragen die Abmessungen des Fahrzeugs jedenfalls nichts Entscheidendes bei… 😉
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Genau, deswegen hätte man sie weglassen müssen. Nach der Devise, jedes Adjektiv, was nicht unbedingt nötig ist, zu streichen.
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Dann habe ich beim Schreiben wohl das Adjektiv-Verbotsschild übersehen.
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Zauberhaft…
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Vielen herzlichen Dank dir, lieber Finbar!
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🌞
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