Sie liegt auf dem Boden in ihrem Wohnzimmer und liegt zugleich auf dem grauen Asphalt eines Parkplatzes oder einer öden Industriebrache, irgendwo in einem leblosen Viertel der Welt. Sie war noch nie hier, doch sie kennt den Ort dennoch gut, viel zu gut. Der Ort, er ist unbewohnt, er ist ungewohnt, doch sie ist es sich gewohnt, hier zu liegen. Nur die Straßenwalze ist neu. Sie hat nicht bemerkt, wie sie aufgetaucht und woher sie gekommen ist, doch nun ist sie da, die Straßenwalze, rollt auf sie zu, schwerfällig und beinahe kriechend, unerträglich langsam. Sie denkt an Filmszenen, in denen Menschen von Straßenwalzen überrollt werden, an A Fish Called Wanda und The Naked Gun und Austin Powers, und jede Szene ließ sie jeweils lachen, es war skurril und lustig, wenn Menschen einer Straßenwalze zum Opfer fielen, aber nun findet sie nichts Amüsantes an der Tatsache, dass eine Straßenwalze auf sie zukommt. Mit stumpfer Trägheit bewegt sich die Maschine vorwärts, verdrängt Luft und Zeit, und sie liegt auf dem Boden, der sich noch kälter und härter anfühlt als sonst, und ist nahezu unfähig, sich zu rühren. Sie ist nicht gelähmt, sie kann ihre Beine und Arme bewegen, kann ihren Kopf heben, doch sie kommt nicht weg von jenem Ort, an dem sie liegt, sie ist gefangen, beinahe so, als wäre sie von unsichtbaren Schnüren an den Boden gefesselt. Sie starrt auf das kalte Metall der Walze, die sich stetig in ihre Richtung dreht, und während die Distanz zu ihr stetig abnimmt, wächst in ihr die Ohnmacht des Gefühl, in eine bodenlose Leere hineinzufallen. Sie schiebt ihre Finger über den Boden, ohne wirklich feststellen zu können, ob sie das Holz des Parketts oder den Asphalt des Parkplatzes unter sich spürt. Während die Walze immer näher kommt, schnürt ihr die Unausweichlichkeit die Kehle zu. Und erst, als das Metall ihre Zehen berührt, reißt sie die Augen auf und atmet zitternd in eine besinnungslose Stille.

Er etwas beklemmender Text. Aber mal wieder wunderschön geschrieben!
LikeGefällt 1 Person
Manchmal lässt sich die Beklemmung eben nicht vermeiden… Vielen lieben Dank dir fürs Lesen und für deine Worte!
LikeGefällt 1 Person
Welch ein (Alb)traum.
LikeLike
Ja, und wie… Vielen Dank dir fürs Lesen!
LikeGefällt 1 Person