Diese Geschichte handelt von Kurt, einem einfachen Mann, wie man so sagt, selbst Kurt sagt das, er mag es einfach. Schon sein Name ist ganz klar und simpel, er heißt Kurt, ohne Helm und ohne Gurt, einfach Kurt, wie Frank Zander einst sang. Früher hatte er mit seinem Namen gehadert, zu plump fand er ihn, zu kurz. Doch nun hat er sich längst damit abgefunden. Überhaupt hat er sich mit sehr vielen Dingen abgefunden, sein Leben ist eine Ansammlung von Abfindungen, findet er, aber er findet das in Ordnung. Das passt schon, sagt er, und was nicht passt, wird passend gemacht, fügt er an und schulterzuckt die letzten Zweifel weg. Auch mit Martha hat er sich abgefunden. Es ist nicht einfach, sich mit Martha abfinden, sie macht es Kurt nicht leicht, aber wenn er den Gedanken den Weg versperrt, funktioniert es, das Abfinden, das Hinnehmen gleicht einem Automatismus. Martha war schon früher laut und dominant, doch seitdem die Schmerzen da sind, ist sie herrisch und unbarmherzig geworden, ihre Augen erzählen von Wut und Müdigkeit. Sie tut ihm leid, sie hat sein Mitgefühl, natürlich hat sie das, aber manchmal denkt Kurt, dass die Schmerzen nur eine Ausrede sind, eine Rechtfertigung ihres despotischen Verhaltes, obwohl er sich nicht sicher ist, ob es seine Ausrede ist oder jene seiner Frau. Martha will, dass er nach der Arbeit eilig und pünktlich nach Hause kommt, doch manchmal muss er einkaufen gehen. Und hier, im Supermarkt, zwischen dem Arbeiten und dem Dasein zu Hause, zwischen surrenden Kühlregalen und zwölf verschiedenen Sorten von Butterkeksen, findet Kurt die ersehnte Insel, eine kleine Oase, und ja, er mag diese Sinnbilder, die Insel, die Oase, in solchen Sinnbildern steckt schließlich Sinn. Wenn er einkaufen geht, verlängert er es so gut wie möglich. Die Zeit ist elastisch, und er zerrt an ihren Rändern, dehnt sie in alle Richtungen. Er mustert die Joghurtsorten, nimmt einen Becher mit Erdbeerjoghurt in die Hände, dreht ihn zwischen den Fingern und betrachtet die gemalten Erdbeeren auf dem Deckel. Dann stellt er den Becher zurück und greift nach dem Bananenjoghurt, dann nach jenen Produkten, die gut für die Verdauung sein sollen. Er geht zum Regal mit den Brotaufstrichen, dann zum Gemüse, dann zurück zu den Milchprodukten, und während er sich durch die Gänge bewegt, spürt er, wie die Zeit sich vor seinen Füssen ausbreitet, ganz ruhig und friedlich. Bisweilen sieht er andere Menschen, die mit einer ähnlichen Langsamkeit den Regalen entlangschlendern, und verspürt eine gewisse Verbundenheit, doch meistens ist er ganz bei sich. Die repetitiven Aufgaben im Büro sind weit weg. Der langweilige Teppichboden im Wohnzimmer ist weit weg. Martha ist weit weg. Und manchmal dauert der Einkauf eine halbe Ewigkeit, wie man so sagt. Doch es ist seine halbe Ewigkeit. Ganz einfach. Diese Geschichte, sie ist damit am Schluss angelangt. Diese Geschichte, sie ist aber nicht zu Ende. Diese Geschichte, sie geht immer weiter. Diese Geschichte, sie ist erfunden. Aber es bleibt die Hoffnung, dass sie wahr sein könnte.

Auch das Einkaufen kann zur Insel werden, zu einer Auszeit, die nur ihm gehört. Hier stört keiner, keine, er kann schlendern bis ans Ende der Gänge und wieder zurück…
LG von Bruni
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Oh ja, er kann schlendern, durchatmen… schön. Herzlichen Dank fürs Lesen und für deine Worte und liebe Grüsse zurück!
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Es gibt diese Oasen und zwar genau an solchen Orten wie dem Supermarkt, also da, wo es niemand erwarten würde, weiß ich aus eigener Erfahrung.
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…und es ist gut, dass es sie gibt. Lieben Dank dir fürs Lesen und für deine Worte!
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Ich denke es bleibt die Hoffnung dass sie nicht wahr sein könnte.
Auch wenn es viele solche Leben gibt in der Realität.
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Die Hoffnung bezieht sich auf das Finden der Insel, der Oase. Solche Zufluchten können viel wert sein. Vielen lieben Dank dir fürs Lesen und für deine Worte!
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Da hast du recht, Disputnik.
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