Das Badetuch mit dem Pinguin, ausgebleicht von der Sonne und den unzähligen Waschgängen. Der Morgen in der Schule, als es Kuchen und Orangensaft gab. Der morsche Zaun beim Bauernhof, vor allem die Stelle mit dem rostigen Nagel. Alles blitzt auf, alles blinkt. Das Mehl auf der hellgrauen Tischplatte, wenn die Mutter Brot backte. Die Katze mit den drei Beinen. Die Sehnsucht nach der Stille in einem Ruderboot auf einem See, umgeben von Schilf und Wald. Alles blitzt auf, alles blinkt. Der erhoffte Moment, auf der Bühne des großen Theaters zu stehen und das Rauschen des Applauses auf der Haut zu spüren. Ein Abend unter Freunden, jemand singt. Die Tapete im Zimmer ihres ersten Freundes. Alles blitzt auf, alles blinkt. Schon seit Stunden. Sie liegt in ihrem Bett, draußen vor dem Fenster ist die Welt verstummt, sie hört lediglich das schrille Pfeifen in ihren Ohren. Bisweilen blinzelt sie in die Dunkelheit und presst im nächstem Moment vehement die Augenlider zusammen. Alles blitzt auf, alles blinkt. Ein stilles Getöse aus Gedanken und Bildern, der Kopf in Aufruhr, ein ungezähmter Tumult. Sie schiebt ihre Hand zwischen die Beine, dreht sich auf den Bauch, spürt ihre Brüste. Sie schlägt mit der Faust auf die Matratze, gräbt die Finger in den Stoff, presst den Daumennagel ins Fleisch. Sie atmet laut aus, knurrt leise, stöhnt auf. Alles blitzt auf, alles blinkt. Sie weiß nicht genau, ob sie müde ist oder nicht, ob sie vielleicht bereits ein wenig gedöst hat oder nicht, ob sie wegen den Gedanken nicht schlafen kann oder ob die Gedanken kommen, weil sie nicht schlafen kann. Alles blitzt auf, alles blinkt. Der heiser keuchende Atem ihres Ex-Freundes, dessen Gesicht beim Sex stets so merkwürdig entstellt aussah, während sie ein wenig gelangweilt unter ihm lag. Die raue Stelle unterhalb ihrer linken Brust. Die Berührung ihrer früheren Schulfreundin, die ihr die Tränen aus dem Gesicht wischte. Alles blitzt auf, alles blinkt. Der tote Fuchs auf dem kalten Asphalt der Landstraße. Der grobe Stoff der Küchenschürze der Großmutter. Der morsche Zaun beim Bauernhof, vor allem die Stelle mit dem rostigen Nagel. Alles blitzt auf, alles blinkt. Sie blinzelt in die Dunkelheit, die allmählich dem Morgengrauen Platz macht. Sie presst vehement die Augenlider zusammen und hofft, dass sie einschläft, damit sie erwachen kann; dass sie erwacht, damit sie leben kann; dass sie lebt, damit sie einschlafen kann, irgendwann.

oh ja, die Erinnerungsblitze und das Wissen darum , leben zu dürfen und zu ruhen um wieder zu erwachen. Wir kennen es alle, Du schreibst es auf, wie gut ist es.
Liebe Grüße an Dich von Bruni
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Vielen herzlichen Dank dir, liebe Bruni, fürs Lesen und für deine Gedanken dazu! Liebe Grüsse zurück…
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so schön.
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Oh, vielen lieben Dank dir!
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