Am Ende eines warmen Tages saß man dort, am Waldrand beim kleinen Felsen. Ein Feuer brannte, mitunter viel zu heiß und hell. Man trank Bier und Wein und klebrigen Kokosnusslikör, man rauchte Gras und Zigaretten, und hin und wieder lachte jemand völlig ohne Grund. Aus einem kleinen Radio mit CD-Spieler erklang Musik von Tocotronic. So jung kommen wir nicht mehr zusammen. Und man verstand schon, was der junge Dirk sang und damit meinte. Aber richtig bewusst war es nicht.
Man sprach über den Moment, man sprach über das Vergangene, und dann sprach man über die Zukunft. Irgendwann stand man auf und ging zum Pinkeln in den Wald und stolperte beinahe über den Lokomotivführer, der tot auf dem weichen Boden lag.
Man trank und rauchte, man lachte und dachte nach, und unweigerlich setzte man aus der formbaren Zeit ein Bild zusammen, ein Bild einer möglichen Welt, ein Bild des eigenen zukünftigen Daseins. Man war so wild im Herzen und mutig im Kopf, so voller Hunger und Durst. Man nahm nochmals einen großen Schluck vom klebrigen Kokosnusslikör, obwohl man schon längst zu viel getrunken hatte.
Man hatte vorgehabt, dort am Waldrand zu übernachten, jemand hatte sogar seinen Schlafsack mitgebracht, andere hatten Decken dabei. Doch am Ende erlosch das Feuer, die Glut wurde immer schwächer, und die Batterien im Radio waren leer. Als man sich – leicht schwankend, aber nicht so betrunken wie erwartet – vom Waldrand entfernte, summte jemand den Song von Tocotronic. Aber niemand summte mit, niemand sang. Also verstummte er wieder.

Dieser tote Lokführer ist für mich wie die Allegorie der verlorenen Zukunft: erträumt, ersehnt, fantasiert, aber letztlich im Rausch ertränkt. Der Zug in die Zukunft ist führerlos geworden.
Toller Text!
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…oder man hat einen anderen Zug genommen, nehmen müssen, nehmen wollen…
Vielen Dank dir fürs Lesen und für deine Worte…
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…und weiter lag der Lokomotivführer tot im Wald, keinen bekümmerte es wirklich, denn sie kannten ihn nicht…
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Schön, dass er dir aufgefallen ist… Herzlichen Dank dir fürs Lesen und die Worte…
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Das war für mich die Essenz deines tollen textes
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