In allen Bildern der verlorenen Zeit wohnt ein Klang; manchmal Musik, manchmal das eigene Atmen, laut und müde, manchmal auch nur das Rauschen, das bleibt, wenn alles schweigt. Alle Bilder, real oder irreal, tragen die Möglichkeit einer Geräuschkulisse, alle Bilder lassen sich in Gedanken vertonen. Nur dieses Bild nicht.
Das Seil geht mitten durch den sichtbaren Raum, eine senkrechte Linie, und ob sie von oben nach unten verläuft oder von unten nach oben, ist eigentlich egal; es gibt keine Richtung mehr, nicht in diesem Moment, nicht nach diesem Bild.
Da sind Staubpartikel in der Luft, sie reflektieren ein Licht, womöglich die Strahlen der Sonne. Hin und wieder lösen sich einzelne kleine Fäden im Seil, wirbeln kurz um eine unsichtbare Achse und erstarren alsbald. Da ist ein Windstoß, der irgendwo im unscharfen Hintergrund die Konturen bewegt, ganz leicht, nur rasch. Und eigentlich müsste dies alles hörbar sein, müsste begleitet werden von winzigen Geräuschen. Doch es ist still, vollkommen still, tonlos. Sogar das Rauschen, das lähmende und ohnmächtige Rauschen fehlt.
Das Seil hängt reglos im Raum, bewegt sich nicht mehr. Und während alles andere allmählich verschwimmt, werden die unzähligen kleinen Fasern immer deutlicher, entwickeln Schärfe und Kontrast, werden immer zahlreicher, wie Sterne am Nachthimmel, wenn man längere Zeit hinschaut. Und eine längere Zeit als in diesem Bild kann es wohl nicht geben.
