Man geht durch die Stadt, die lärmige, die dröhnende, mit den hupenden Autos und den rufenden Menschen, den plärrenden Lautsprechern und dem konstanten Rauschen, und die Maus, die kleine Maus, man kann sie nicht hören, nicht einmal, wenn sie ganz laut piepst, so laut wie sie kann, ihr Piepsen geht unter, eigentlich taucht es gar nie auf, und während man durch die Gassen geht, ist die Maus nicht präsent, sie ist gar nicht da, es gibt sie nicht, sie spielt keine Rolle, doch dann, in einer anderen Zeit, da steht man im Wald, die Stille legt sich wie ein dickes Tuch über Blätter und Borken, da ist kein Wind, da ist kein Rascheln, die Dinge widersetzen sich der Zeit, bleiben starr in den Momenten hängen, aber dann, ohne Vorwarnung, ist da die Maus, die kleine Maus, sie piepst eigentlich ganz leise, aber es ist das lauteste Geräusch der Welt, es füllt alles aus, dringt zu den Wurzeln und zwischen die Zweige, klammert sich an alle Partikel in der Luft und breitet sich aus, und die Maus in der Stadt und die Maus im Wald, sie sind sich gleich, zwei Mäuse wie alle anderen Mäuse, doch der Kontext ist anders, der Hintergrund ist anders, die Umgebung ist anders, und darum unterscheidet sich auch die Wahrnehmung, aber trotzdem, im Falle der beiden Mäuse käme wohl niemand auf die Idee, der einen Maus mehr Wert oder Bedeutung zugestehen zu wollen als der anderen, sie beide sind Mäuse, gehören zu einer Nagetiergattung aus der Gruppe der Murinae, zwei pelzige Tiere der gleichen Art in unterschiedlichem Zusammenhang, und das klingt eigentlich auch logisch, und eigentlich haben die Maus in der Stadt und die Maus im Wald nichts mit brennenden Asylunterkünften und Hasstiraden in den sozialen Medien und dem scheinbar immer normaler werdenden Alltagsrassismus und dem tatenlosen Zuschauen und Wegschauen zu tun, aber vielleicht hat eben doch alles miteinander zu tun, vielleicht hat auch alles mit uns zu tun, irgendwie, wir sind zwar keine Mäuse, aber wir sind auch nicht anders als die anderen.

In meiner Stadt habe ich noch niemals eine Maus gesehen, dafür aber Unmengen von Menschen und ihre geliebten Autos, die selbst wenn sie fahren, zumeist nur stehen und Lärm machen und somit alle Tiere verjagen bis auf die Millionen von Tauben, die überall sind…
Feine Zeilen, lieber Schreibfreund,
herzliche Morgengrüße
vom Finbar
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Vielen Dank dir fürs Lesen und für deine Worte, lieber Finbar. Und wer weiss, vielleicht begegnest du doch mal noch einer Maus in der Stadt. Oder einem Reh im Wald. Oder so… Herzliche Grüsse!
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*lächel* ja, vllt…
Reh und Maus bin ich im Wald schon oft begegnet 🙂
Liebe Herbstsonnengrüße
vom Finbar
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ja, da hat sie zweifellos recht, Deine liebe Frau, Du schreibst grandios.
Feines bleibt Feines und wird sehr fein und behutsam herausgearbeitet.
Wir erkennen unsere so sehr unterschiedliche Wahrnehmung und hören der Mäuse Piepsen, das kaum hörbare, das was kaum noch existiert und das, was Wurzeln und Wald durchdringt…
Obwohl Dein Text so ganz anders ist, erinnert er mich an die Stadtmaus und die Feldmaus, ihre unterschiedlichen Lebensräume …
LG von Bruni
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Ja, die Lebensräume sind unterschiedlich, aber es sind und bleiben Mäuse, ob in der Stadt oder im Feld…
Herzlichen Dank fürs Lesen und für deine Gedanken und Worte, liebe Bruni… Und beste Grüsse zurück…
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Einmal mehr tiefenfesselnd…
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Vielen lieben Dank fürs Lesen und Fesselnlassen und für die Worte…
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Toll!
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Danke!
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Ich liebe dich für Vieles. Aber für Solches eben auch.
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Danke! Sehr!
Und gleichfalls, imfall…
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