Er war zärtlicher als andere, weniger egoistisch, das war angenehm, und obschon es nicht sonderlich ungestüm oder ekstatisch war, hatte sie einen Orgasmus, den ersten seit geraumer Zeit. Jetzt liegt er neben ihr und schaut sie an. Sie weicht seinem Blick aus. Das kann sie gut.
Woher kommt die Traurigkeit in deinen Augen? Seine Frage lässt alles erstarren. Sie wendet den Kopf ab. Er sagt, sie müsse nicht antworten, wenn sie nicht wolle. Ich will nicht. Sorry. Sie weiß nicht, weshalb und wofür sie sich entschuldigt.
Sie kennt die Antwort auf seine Frage genau. Die Antwort ist der Grund dafür, dass sie keine Antwort gibt. Die Antwort ist der Grund für ihr Verhalten, für das, was sie aus ihrer Lebenszeit macht, für ihre Versuche, die Leere zu füllen. Sie erzählt nicht gerne von der Antwort.
Er könnte anders sein als die anderen. Irgendetwas hat er an sich, das ihr signalisiert, dass sie in Sicherheit ist. Sie war selten an jenem Punkt, an welchem sie bereit ist, die Frage nach der Traurigkeit zu beantworten. Jetzt ist sie es, vielleicht auch wegen der Flasche Wein, die nun leer ist.
Nach den ersten Sätzen hält sie inne und wartet seine Reaktion ab. Doch er bleibt reglos liegen, atmet lediglich schwer. Sie blickt ihn an. Seine Augen sind geschlossen, sein Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig, er schläft. Sie räuspert sich, doch er wacht nicht auf.
Du willst eine Antwort? Er hört sie nicht, doch sie redet weiter, breitet die Antwort aus, redet sich in einen Rausch und muss sich immer wieder zügeln, um ihre Stimme nicht zu laut werden zu lassen. Die Worte fließen in Strömen, und sie hält nur inne, wenn sein geräuschvolles Atmen vorübergehend zu einem grunzenden Schnarchen wird.
Schließlich verstummt sie, drosselt allmählich ihren Atem, reibt mit dem Handrücken über die Augen. Vor dem Fenster hat längst ein weiterer heller Tag begonnen. Irgendwann stöhnt er leise, wacht dann auf und blickt sie an. Hast du etwas gesagt? Sie muss lächeln. Nein, nichts. Habe nur laut gedacht. Sorry. Sie weiß nicht, weshalb und wofür sie sich entschuldigt.

Fragen, Antworten…
Themen des Lebens,
Themen des Liebens…
man sollte sie niemals scheuen…
liebe Morgengrüße
vom Finbar
LikeGefällt 1 Person
Nein, man sollte sie tatsächlich nicht scheuen, da hast du Recht… Schönen Dank dir fürs Lesen und für deine Worte, und liebe Grüsse zurück!
LikeGefällt 1 Person
Verletzlich und intensiv.
LikeLike
Vielen lieben Dank!
LikeGefällt 1 Person
Gefällt mir sehr. Vielen Dank.
LikeLike
Das freut mich sehr. Vielen lieben Dank dafür!
LikeLike
Eine sehr feine Geschichte. Einerseits ist es schön, wenn solche Fragen gestellt werden. Anderseits redete sich mancher dabei schon um Kopf und Kragen. Und manches bedarf nur einer Frage und die Antwort gibt sich wortlos um so ausdrucksvoller.
Lieben Dank und Grüße von der Karfunkelfee
LikeGefällt 2 Personen
Vielen Dank dir fürs Lesen und für deine feinen Gedanken! Herzliche Grüsse zurück…
LikeGefällt 1 Person