Er ist nicht sonderlich groß, wohl unter dem Durchschnitt, doch manchmal überragt er selbst jene, die auf den Schultern des Riesen stehen, sein Kopf reicht weit über die Wolken und die Brust droht zu explodieren, alles droht zu explodieren, die fast unerträgliche Schönheit der Welt hat nicht annähernd Platz in seinem hageren Leib, alles muss raus, er jubelt im Innern, alles droht zu explodieren, und dann, kurz vor dem Knall, wenn niemand ihn sieht, schlägt er Löcher in die Luft.
(Das ist natürlich atemberaubend, denn da ist keine Luft in den Löchern in der Luft.)
Es braucht gar nicht viel, manchmal reicht schon ein Wort, ein Satz, ein vager Gedanke, und schon gerät alles ins Wanken, der Boden gibt nach, das Fundament zeitigt Risse, der Putz an den Wänden bröckelt immer mehr ab, alles droht zu zerfallen, droht einzustürzen, die Welt, die er kannte, sie scheint nur ein Trugbild, eine Illusion ohne Halt, es knirscht im Kopf, es kracht im Gebälk, alles droht zu zerfallen, und dann, kurz vor dem Knall, wenn niemand ihn sieht, schlägt er Löcher in die Luft.
(Die Luft hat keine Gefühle, also tun die Schläge vielleicht gar niemandem weh.)
Er hat gelernt, sich in Blickfelder zu fügen, sich zu präsentieren, und wenn man ihn sieht, dann taumelt er, taumelt durch die Zeit, taumelt zwischen den Löchern durch die Luft, doch er taumelt gekonnt und geübt, er weiß sich zu bewegen, er bewegt sich zwischen den Wolken und dem Boden, in diesen weiten Räumen der Normalität, und dort, überall dort, wo man ihn sieht, bleibt alles in ihm, bleibt in den Verstecken, und nur dann, wenn niemand ihn sieht, schlägt er Löcher in die Luft.
(Wenn man ihn sähe, wie er Löcher in die Luft schlüge, wäre es ihm wohl peinlich.)

Ich mag solche Wortkünstler wie dich 😉
Es sind diese kleinen luftverdrängenden Schläge, die sich erst zum sanften Lüftchen, dann zur Brise und zum frischen Wind hochschaukeln, bevor sie zum Sturm und schliesslich zum Orkan werden können.
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Vielen lieben Dank fürs Lesen und Mögen. Und ja, von den kleinen Schlägen gibt’s wohl auch jene, die sich summieren, im Guten wie im Unguten…
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Wirklich gut geschrieben
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Vielen lieben Dank!
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man spricht auch von Luftlöchern beim Fliegen, inmitten der (oft unangenehmen) Turbulenzen…
sehen tut man sie alle nicht, das ist wohl das besondere…
wie wohl Löcher aussehen, lieber Schreibfreund, die außerhalb unserer Atmosphäre „in die Luft“ gehauen werden?!
Liebe Grüße zum Nachmittag…
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Ja, lieber Finbar, die Luftlöcher beim Fliegen, ich kenne sie und mag sie in keinster Weise. Doch eigentlich sind es ja keine Löcher, kein Vakuum, eher Luftbewegungen, wie auch jene, die beim Luftverprügeln entstehen… Und die Löcher ausserhalb unserer Atmosphäre, sie sind wohl auch immer irgendwie ausserhalb unserer Vorstellungskraft, zumindest meiner…
Liebe Grüsse zurück und schönes Wochenende noch…
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Diesen Text mag ich sehr.
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Und mich freut dieses Mögen sehr. Danke schön!
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Bitte. Ich muss auch sagen, dass ich mich selbst (es sei mir gestattet) ein wenig darin finde.
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(Natürlich sei es Ihnen gestattet.) Nochmals danke.
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*lächel*
diese Geste habe ich lange nicht gemacht, aber ich kann mich genau erinnern, wann ich sie machte und es war ein Jubel in mir, weil ich etwas gepackt hatte, was mir fast zu schwierig für mich vorkam. Meist waren es die Augen in einem Collagengesicht. Wenn ich sah, wie der Blick zurück zu mir kam, wie mich mein eigenes Werk endlich ansehen konnte, wie es Gestalt und Gesicht gewonnen hatte, dann stieß ich diese freudigen Löcher in die Luft *lächel*
Sich zwischen den Zeiten bewegen ist nicht einfach, sich erwachsen zu gebärden und doch dieser kindlichen Freude gestisch Ausdruck geben zu wollen und sich dann mit Nonchalance der Normalität zuwenden, sie packen, sie schaffen, das alltägliche Gesicht zeigen, das ist oft eine Gradwanderung und dem Traumtänzer gelingt es oft nur wankend…
Man/frau stürzt so schnell und so tief, wenn diese euphorische Phase zu Ende ist – oftmals ein Fall, der blaue Flecken verursacht, die keiner sieht…
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Wunderbar umschrieben und weitergedacht, liebe Bruni, vielen Dank für deine Worte und Einsichten…
Das Kindliche respektive dessen Verlust, es hat wohl auch hier grossen Einfluss auf das Verhalten. Kinder jubeln laut und weinen laut. Erwachsene werden wohl noch laut. Aber meistens in anderen Zusammenhängen.
Vielen Dank nochmals fürs Lesen und für deine Worte…
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