Die Ehrfurcht vor der Felswand und der Nebel in den verwinkelten Tälern, das weite Schweifen des Blickes und das Stocken des Atems, das Paradies und Paris, all die Orte, von denen sie erzählen, all die Orte, die man sich ausmalt, weil die Schilderungen nur Strichzeichnungen bleiben, all die Orte; die Pyramiden von Gizeh und der Grand Canyon und der Titicacasee, der noch Pipikakasee hieß, als man es längst besser wusste; all die Orte, es gibt sie nicht, zumindest nicht so, wie man dachte, jedes Bild ist eine Lüge und die Realität stets fürchterlich enttäuschend und überwältigend wundersam zugleich; es stinkt in den Gassen von Barcelona und der Lärm ist schrecklich banal, dennoch bleibt man stehen und staunt, immer wieder; all die Orte, es gibt sie nicht, die langen weißen Strände und das schroffe Gestein, das kalte klare Wasser und die merkwürdigen Brücken, all die Orte sind bloß Orte, und falls sie Versprechen in sich tragen, können sie kaum eines davon halten; die Tränen schmecken auf dem Eiffelturm genauso bitter und salzig wie in schlaflosen Nächten im eigenen Bett, und manchmal findet sich die größtmögliche Schönheit und Wahrhaftigkeit der Welt im Garten vor dem Haus; all die Orte sind bloß Orte, sind Kulissen des Lebens, der Titicacasee ist eine Strichzeichnung, und wie man sie ausmalt, entscheidet am Ende wohl nur der Farbkasten, den man mit sich trägt, in diesem Moment.

*lächel*, ja, dieser Farbkasten, die Seele, die Farben erkennt und die Orte bei einem Namen nennt…
Wir oft war mir schlecht von der großen Hitze in der Hochsommer-Provence und trotzdem hat sie
in meiner Erinnerung immer noch alle Lavendelfarben und trägt einen Rock, so farbenprächtig, wie
ich ihn liebe und wie oft stehe ich vor einer Blüte, wenn ich einen Meter vor die Terrasse trete und ich
finde sie anbetungswürdig, weil sie alle meine Träume in Farbenpracht taucht und wie habe ich geflucht
in Paris, wenn die U-Bahnstation doch noch zu weit von einem entlegenen Ziel entfernt lag und das,
was dazwischen lag, so langweilig war wie die Häuserschluchten in allen Großstädten der Welt.
Es sind die Gefühle, die wir in uns tragen und das ist es wohl, was die Karfunkelfee meint.
Wie liebe ich kleine und enge Gassen und uralte Häuschen und wie malerisch finde ich sie, aber nicht
immer. Es gibt Tage, da sehe ich sie nicht und mir fällt eher ein übergelaufender Abfallbehälter auf…
Etwas versperrt mir die Sicht…und ich weiß genau, was es ist…
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Liebe Bruni, wie schön, deine Erinnerungen voller Farben, voller Leben, die Provence wird lebendig, wie sie auch ist, für dich, wie auch Paris halt manchmal einfach nur langweilig und banal ist…
Und dein letzter Satz, von der versperrte Sicht und vom Wissen, was da im Weg ist, so wahr; nicht immer schön, aber sehr schön formuliert…
Vielen lieben Dank dir fürs Lesen und für deine Gedanken, deine geteilten Erinnerungen…
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wie eindrucksvoll oder schön ein Ort sein kann, unabhängig davon, was andere von ihm berichten, hängt davon ab, was wir in ihm sehen und erkennen wollen oder können.
alles was wir finden im Leben, suchen und finden wir zuallererst in uns selbst.
oder…?
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Ich bin mir beim „alles“ nicht sicher, doch bei Orten denk ich schon, dass wir ihren Wert vor allem in uns selbst finden… Vielen herzlichen Dank fürs Lesen und für die Worte…
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Eine schöne Beschreibung dieses Gefühls, das man hat, wenn man endlich an einem dieser sagenumwobenen, begesiterungsumstürmten Orte steht, und dann sind sie… Orte, eben, vielleicht ganz schön, vielleicht sogar wirklich beeindruckend, aber man kann dort eben doch nur die eigenen Gefühle empfinden und nicht die derjenigen, die davon erzählt haben.
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Wie wunderschön gesagt/geschrieben, und ja, wirklich fühlen und leben lassen sich nur die eigenen Empfindungen, nicht nur in Bezug auf Orte. Vielen lieben Dank fürs Lesen und deine Gedanken…
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Ich weiß nicht von wem (Schopenhauer?) und weiß nicht den genauen Wortlaut (und komme deswegen vielleicht noch einmal darauf zurück), aber der Text erinnert mich an den Ausspruch, dass ein Tölpel auch in Paris, Florenz oder sonstwo ein Tölpel bleibt.
Und ich denke an Hochglanzbroschüren und Bildbände, im Grunde grauenhaft in ihrer Allgemeinträumerei. Immer nur Paris, Immer nur die weißen Strände und Bergpanoramen mit weißblauem Himmel? Wahrscheinlich sind all diese Orte sogar schön, romantisch, aufregend.
Aber jede gute Reise geht immer auch nach innen (sagt ein Stubenhocker, ich).
Ihre Texte regen sehr zum Nachdenken an, zu einer kleinen Reise, so wie sie sein soll.
Vielen Dank. Herr Hund (kommt wieder)
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Wie wundervollschön formuliert, und ich pflichte vollumfänglich bei, jede gute Reise geht immer auch nach innen, kann erst dort bereichern und erfüllen… Vielen herzlichen Dank fürs Lesen und für die Worte. Und fürs Reisen. (Und fürs Wiederkommen.)
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Und weißt Du, was ich denke, nach dem Lesen Deiner Worte? Dass es nicht schlimm ist. Dass es gar nicht schlimm ist, dass es so ist. Die Unterschiede zwischen dem einen und dem anderen festzustellen ist schon ein Geheimnis für sich. Ein Schönes. Die Welt ist voller Geheimnisse. Ist das nicht schön?
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Ja, es ist schön und keineswegs schlimm. Schöne Dinge, und schöne Orte, erhalten ihre Schönheit wohl höchst selten dadurch, dass sie als schön bezeichnet werden. Sondern so empfunden werden. Und das, ja, ist wohl auch schön und gut so… Vielen Dank für deine Worte…
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