Vor den Fenstern ein lautes Krachen. Sie zuckt zusammen, doch die Augen bleiben geschlossen. Vielleicht ein Unfall, vielleicht eine Explosion. Vielleicht der Krieg, vielleicht die Apokalypse. Es ist ihr egal. Es ist weit weg. Es ist draußen. Sie ist im Innern, im Erinnern.
Das krachende Geräusch verhallt, versickert in der Ferne, die unmittelbar nach den Wänden des Raumes beginnt. Was bleibt, ist wortlose Musik. Der Plattenspieler dreht sich. Bohren & der Club of Gore. Aus den Lautsprechern schleichen Kontrabass und Tenorsaxophon und Piano und ein vom Besen gestreicheltes Schlagzeug in den Raum; zelebrierte Langsamkeit, düstere Klanggebilde, die kurz vor dem Stillstand scheinen und dennoch stetig vorwärts drängen. Jeder Ton hat einen Wert, jeder Ton ist wichtig.
Sie spürt die Zunge, die Lippen, das behutsame Wandern. Ein feuchter dünner Film lässt die Haut darunter abkühlen, die Linie verläuft von ihrem Schienbein zu ihrem Knie, dann über den Oberschenkel zu den Hüften. Sie dreht ihr Becken, hebt es ein wenig an. Die Ungeduld der Lust. Wo bist du gewesen? Ihre flüsternde Stimme scheint sich einen Moment lang im Raum auszubreiten, dann wird sie vom zärtlichen Klang des Tenorsaxophons eingenommen. Eine andere Antwort gibt es nicht.
Die Finger gleiten über ihren Bauch, seitlich nach oben, bewegen sich beinahe schüchtern über die Brüste, ziehen kleine Kreise und Ellipsen, verharren immer wieder. Die Hand drängt zum Hals, dann wieder nach unten, mit verstärktem Druck, hin zu ihrem Schoss. Zaghaft schweben die Fingerkuppen über das krause Haar und finden sich schließlich in rhythmisch kreisender Bewegung. Unbewusst neigt sie ihren Körper, ganz leicht, ein kaum spürbares Kippen. Nicht gehen. Nicht aufhören. Bitte. Einzelne Klaviernoten fallen wie warme Tropfen auf ihre Haut.
Nur kurz öffnet sie die Augen, keine Sekunde und dennoch zu lang, die Welt dringt ein und breitet sich aus, wie ein Gift. Ein feuchter dünner Film lässt die Haut darunter abkühlen, die Linie verläuft von ihrem Auge zu ihrer Schläfe. Irgendwann ertönt ein leises Klacken, wertlos und unwichtig. Die Platte ist zu Ende, der Tonarm des Plattenspielers bewegt sich hin und her, ein vollkommen triviales Zucken. Sie starrt auf das Gerät, auf die Schallplatte, die sich unvermindert dreht. Das Klacken wird lauter. Und lauter. Vielleicht liegt irgendwo dahinter der Nachhall eines Tenorsaxophons, vielleicht das Echo einzelner Klaviernoten, doch sie hört nichts mehr. Es ist weit weg. Es ist im Innern, im Erinnern. Sie ist draußen.

Ich tagträume,danke für diese wundervolle Begegnung
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Ich habe zu danken, fürs Lesen und für deine Worte…
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Draußen sein und nur noch im Erinnern
nicht mehr am Leben teilhaben
nur noch an sich selbst…
Es reicht nicht zum Lebendigsein – es ist lange vorbei
selbst die Musik läßt nur noch ein Knacken hören…
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Nein, nur im Erinnern kann’s kein Leben sein, es reicht nicht… Vielen lieben Dank dir für dein Lesen und deine Worte, liebe Bruni…
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Bittersüß. So schnell vom Innen ins Draußen. Ein Augenblick nur… Doch danke für die Musik.
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Danke ebenso, fürs Lesen und Hören und für die Worte…
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Entführende Worte… Danke!
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Ich danke. Von Herzen. Fürs Lesen und Entführenlassen.
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