Das Wasser ist kalt. Der Ozean ist zu groß und zu tief, als dass es jemals warm genug werden könnte. Sie weiß das und er weiß das und dennoch frieren sie. Daran kann man nicht viel ändern. Es wird angenehmer, wenn man sich bewegt. Irgendwie wird dann die Heizung unter der Haut aufgedreht. Schwimm mit mir, sagt er. Na gut, antwortet sie. Also schwimmen sie.
Zusammen ist es wärmer, zusammen kommt man weiter, findet er, und sie nickt, zuerst zaghaft, dann heftig, dann wieder zaghaft. Er schaut und lächelt unsicher und zuckt mit den Schultern, doch im Wasser fällt das kaum auf. Er greift nach ihrer Hand, zieht sie zu sich. Sie sehen sich in die Augen. Kein Ozean ist tiefer. Irgendwo müssen die Schluchten enden, denkt er, doch er kann den Boden nicht erkennen, kann ihn nur erahnen in der Dunkelheit. Dann blinzelt sie.
Du würdest mich nicht halten, wenn die Kraft versiegt, wispert sie. Doch, gibt er zurück, das würde ich, das werde ich, so gut wie es nur geht. Ich werde alles versuchen, werde tun, was ich kann. Er hält sie, doch sie löst sich aus der Umarmung, driftet ein wenig von ihm weg und blickt dann zurück. Die Lippen zittern leicht, kleine Wellen schwappen über das Kinn, die Wangen sind nass und glitzern im fahlen Sonnenlicht. Ich weiß nicht, ruft sie in seine Richtung. Zeig es mir. Sein Blick wandert über die Wasseroberfläche zu ihr, stolpert über winzige Schaumkronen. Wie soll ich das tun? fragt er und bemerkt, dass es keine lapidare Aussage war, sondern dass er es tatsächlich nicht weiß, dass er wohl zu dumm oder zu ignorant oder ahnungslos ist, in jedem Fall aber hilflos und verwirrt. Sie sieht ihn an und schüttelt den Kopf. Du würdest mich ertrinken lassen, glaubt sie. Nein, würde ich nicht, und das weißt du auch, entgegnet er. Ich weiß nicht, was ich weiß, sagt sie leise. Mit langsamen Zügen schwimmt sie hinaus. Irgendwo ist der Horizont. Doch hier und jetzt ist er nicht zu sehen.
Das Wasser ist kalt. Der Ozean ist zu groß und zu tief, als dass es jemals warm genug werden könnte. Schwimm mit mir, flüstert er. Und weiß nicht, ob sie ihn noch hört.

ich versuche mal, mich nicht von den Kommentaren beeinflussen zu lassen… sie verwirren mich…
Er glaubt, sie solle es ausprobieren, ihm eine Chance geben, doch sie ist zu ängstlich, zu zaghaft,
obwohl sie sich nahe sind, meist, nicht immer, aber so ist es eben.
Sie kennt ihn, kennt seine Schwächen, meint sie, aber immer noch hofft er, sie käme zu ihm in diese
unermessliche Weite, doch sie zieht sich zurück, zurück in sich selbst, in ihre Zaghaftigkeit, in ihre
Resignation und hört deshalb seine leise Stimme nicht mehr.
Es ist zu spät, zu viel liegt dazwischen…vielleicht zuviel aus der Alltäglichkeit
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Liebe Bruni, vielen herzlichen Dank dir fürs Lesen und für deine Worte, für deine Interpretation… Danke!
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Sie hört ihn wohl. Doch vielleicht sind daneben auch noch andere Stimme – nicht zuletzt ihre eigene. Klingt an dieser Stelle jedenfalls sehr real. Zumindest in den leicht riechenden Kommentaren…
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Da draussen aufm Meer sind keine andere Stimmen. Da ist’s still.
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In der Stille sind die Gedanken laut.
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Erst wenn sie ihm vertraut, sich seinen Armen ergibt, kann er sie halten. Das weiß jeder Rettungsschwimmer. Nur die Ertrinkenden oftmals nicht. Ob im Wasser oder zu Lande…
Ich bin ein Stück mitgeschwommen. Danke.
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Herzlichsten Dank fürs Mitschwimmen und für die Worte. Und ja, ohne Vertrauen ist es schwieriger, das Schwimmen, das gemeinsame…
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Vielleicht hülfe es, gemeinsames Abtauchen zu üben. Vertrauen kann man lernen.
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Es hülfe, half und hilft. Man lernte und lernt und lernt nie aus.
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Ebenst. Man lernt ja auch, seine Scheu zu überwinden und jemanden ein Notat zu übersenden, den man bisher von fern nur bewunderte. Schongutschongutschongut…
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Bewunderung ist mir höchst unangenehm, irgendwie. Aber Ihr Lesen und Kommentieren freut mich sehr.
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Lesenundkommentierfreude fetzt. Ebenso wie gesundfamose Bewunderung. Weil das kommt von wundern. Und das muß man sich oft bei Ihren Texten. Man folgt Ihren Worttanzereyen, hält inne, denkt nach, nickt, liest nochmal und wundert sich. Warum hat das noch keiner vorher so niedergeschrieben. Und warum, bei allen Göttern, die es nicht gibt, ist das mir nicht aufgefallen. Werter Herr Disputnik, diese ehrliche Lobhudeley müssen Sie mir und etlichen anderen zugestehen. Angenehm oder nicht. Da müssense durch. Hülft nüscht. Ihre Frau Knobloch.
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Nun gut. Dann freu ich mich einfach. Und bedanke mich.
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Warum ruft er Sie nicht?
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Vielleicht spielt die Lautstärke gar keine Rolle… Vielen Dank dir fürs Lesen und deine Gedanken…
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Und so hat er sie doch untergehen lassen…
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Nein, hat er nicht, hoffentlich… Danke dir fürs Lesen…
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Es bleibt eben die Frage, inwiefern er sie hätte nicht loslassen und ziehen lassen dürfen…so scheint sie ja allein geblieben zu sein bzw. sich selbst allein zu machen…
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Das ist natürlich eine mögliche Entwicklung, aber bestimmt keine wünschenswerte… Solange da noch Kraft ist, werden sie schwimmen, die beiden. Und sich (in einer anderen möglichen Entwicklung) wieder näher kommen…
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Das klingt schön, dann habe ich es weniger positiv gelesen. Wie das eben so ist mit den Lesearten 😀
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Ja, auch wenn es sich bei dir weniger positiv las, ist es doch sehr schön, dass es hier und häufig keine Deutungshoheit gibt… Vielen Dank für deine Lesart…
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Na manchmal trifft es einen schon, wenn der Text so ganz anders verstanden wird. Also so geht es mir zumindest bei durchaus persönlich gestimmten Texten. Aber so ganz daneben lag ich ja nicht 😉
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Ich glaub, ich weiß, was du meinst, und gerade deshalb bemühe ich mich, die Texte irgendwie zu abstrahieren, manchmal mehr, manchmal weniger, aber immer genug, um sie nicht mit meiner Realität zu verwechseln. Oder so.
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