Sie braucht ihn, braucht ihn dringend, braucht einen Sündenbock. Denn der Sündenbock ist das einzige Tier, das ihr helfen könnte, das einzige Tier, das sie retten könnte. Doch der Sündenbock, er ist des Einhorns finsterer Bruder, und wenn sie die Augen aufschlägt, zerfallen beide Kreaturen gleichermaßen im grellen Licht der Realität, fallen der Welt zum Opfer. Sie hat das Einhorn getötet, sie weiß es, das weiße Fell, es ist längst im braunen Rot des geronnen Blutes erstarrt. Sie sucht nach Vergebung, sie sucht nach einem Schuldigen, dem sie vergeben kann, sie sucht nach einer Lösung, nach Erlösung, doch sie findet nur die Schuld, ihre Schuld, und in dieser Schuld liegt ihre Sünde, die einzige Sünde. Eine andere Sünde gibt es nicht, hat es nie gegeben, da ist nichts, das es zu sühnen gäbe. Sie hat wohl überhaupt nichts falsch gemacht, niemand hat etwas falsch gemacht, aber irgendwie ist dennoch alles falsch, und eigentlich ist gar nichts wirklich falsch, nur sie selbst, das einzige falsche Fragment im großen Ganzen. Sie braucht ihn, braucht ihn dringend, braucht den Bock aller Böcke, der die Sünden in die Wüste trägt. Doch selbst, wenn es ihn gäbe, würde sich nichts ändern. Das Einhorn ist tot.
Schöne Metapher.
Erübrigt sich in der Klarheit des Verstehens nicht das Verzeihen?
LikeLike
Vielen Dank!
Die Erübrigung, ich weiss nicht, manchmal ja, manchmal nein… Manchmal bleibt Unverzeihliches wohl auch im Verstehen noch unverzeihlich…
LikeLike
Die Welt ist voller Sündenböcke!
Wir ALLE gehören dazu…
LikeLike
Ich nicht! Ich nicht!
Naja. Hast wohl recht…
LikeLike
Hat dies auf Conrady Herzbuch rebloggt.
LikeLike
Vielen lieben Dank für den Reblog!
LikeLike
Gerne!
LikeLike
Vielen Dank für diesen Beitrag. Er hat mich dazu angeregt, über mein eigenes Verhalten nachzudenken.
LikeLike
Vielen Dank dir fürs Lesen und für deine Worte. Ich hoffe sehr, das Nachdenken hat dir gut getan…
LikeLike