Der kleine Bär auf dem Bett riecht nach den erstarrten Stunden ihrer Kindheit. Die guten Zeiten sind alt geworden. Sie zündet eine Zigarette an, lässt den Rauch entweichen. Alles entweicht. Zurück bleibt der muffige Geruch, der sich in den Fragmenten der Welt festsetzt.
Sie wollte Balletttänzerin werden. Sie hat es nicht geschafft. Du darfst nicht zur Musik tanzen, die von außen kommt, hatte ihr die Trainerin geraten. Tanze zur Musik in dir drin. Tanze das, was du fühlst. Wie du dich bewegst, hängt davon ab, was dich bewegt. Dein Tanz ist nicht in diesem Raum. Dein Tanz ist in dir drin. Also lass ihn raus. Sie blieb regungslos stehen, ihre Füße waren kalt und fremd, schienen auf den Boden genagelt. Staubfragmente klammerten sich an das diffuse Sonnenlicht, das durch die großen milchigen Fenster fiel, schwebten schwerelos zwischen den Wänden. Minutenlang verharrte sie, ohne sich bewegen zu können, die Augen, sie begannen zu zittern. Irgendwann zersplitterte ein Räuspern die Stille. Geh nach Hause, grummelte die Trainerin. Sie ging.
Sie hört die Stimme ihrer Mutter. Sei nett zu den Leuten, dann sind die Leute auch nett zu dir. Sie versuchte es, unaufhörlich, doch ihre Mutter hatte gelogen, hatte es wohl selbst nicht geglaubt. Der Rauch hängt in der Luft, verändert in langsamen Bewegungen seine Formen.
Immer wieder hatte sie ihr zugehört, wie sie dem Klavier diese wunderlichen Klänge entlockte. Immer wieder hatte sie neben ihr gesessen, schweigend und staunend. Und immer wieder hatte sie zugesehen, wie sich die Tränen ihrer Mutter in den Augenwinkeln sammelten. Du spielst so schön, hatte sie zu ihr gesagt. Die Antwort ihrer Mutter hatte sie nie verstanden. Ja, spielen kann ich gut. Irgendwann fiel das Klavier dann auf den Gehsteig vor dem Haus, lag in seltsam angeordneten Trümmern auf dem Asphalt. Niemand konnte sich erklären, wie es der Mutter gelungen war, das Klavier durch die schmale Balkontür zu schieben und über die Brüstung zu hieven, und niemand wusste, warum sie es getan hatte. An jenem Tag sah sie die Tränen ihrer Mutter zum letzten Mal.
Sie zieht ein weiteres Mal an der Zigarette, bläst den Rauch weit von sich weg. Die Konturen und Formen des Raumes verschwimmen und verblassen, werden undeutlich und schemenhaft. Irgendwann wird der Dunst sich legen. Vielleicht.
