Es heißt, das Gegenteil von gut sei gut gemeint, das schrieb schon Kurt Tucholsky, und vielleicht hatte er Recht, doch vielleicht lag er auch falsch, vielleicht müsste man ihm sagen, lieber Kurt, das war nicht gut, das war auch nicht gut gemeint, womöglich war es nicht schlecht, aber vor allem war es wohl höchstens die halbe Wahrheit, denn das Gegenteil von gut ist böse oder schlecht, und gut gemeint ist nicht böse und nicht schlecht, sondern immerhin ein Anfang, und es gibt da einen französischen Film, der in der deutschen Fassung ‚Harry meint es gut mit dir’ heißt und davon handelt, dass es dieser Harry doch nur gut mit einem alten Schulfreund meint, doch was er tut, ist nicht viel Gutes, unter anderem bringt er einige Menschen um, die Harrys Ansicht nach das Leben seines Freundes erschweren, das ist natürlich unschön, und wenn der liebe Kurt diesen Film sehen könnte, würde er vielleicht sagen, ha, ich hab’s doch gesagt, ich hab’s doch gewusst, aber vielleicht müsste man erwidern, lieber Kurt, das ist nur ein Film, das ist nicht das Leben, im Leben tut man einiges, weil man es gut meint, und manchmal kommt wirklich nichts Gutes dabei raus, doch oft ist das Resultat einfach nur wundervoll oder zumindest angenehm, und wenn man seiner Mutter einen Blumenstrauß bringt, meint man es doch gut, und die Mutter, sie freut sich, sie lächelt dankbar, das ist doch was Gutes, das ist doch was Schönes, und wenn bei der Mutter keine garstige Blütenallergie vorliegt, gibt es eigentlich keinen Grund, den mitgebrachten und gut gemeinten Blumenstrauß als Gegenteil von gut zu bezeichnen, und das ist ja nur ein Beispiel, wenn auch kein sonderlich gutes, zumindest nicht für Kurt, der mit dem Gedanken, seiner Mutter einen Blumenstrauß zu bringen, nicht viel anfangen kann, das Verhältnis zu seiner Mutter Doris schien nicht allzu erfüllend gewesen zu sein, und erneut fühlt sich Kurt bestätigt und sagt, ha, meine Mutter, sie hat es wohl auch nur gut gemeint mit mir und meinen Geschwistern, doch sie war eine furchtbare Tyrannin, vor allem nach dem Tod meines Vaters, und ihr Einfluss hat aus mir einen erotisch leicht irritierten Damenmann gemacht, dem es unmöglich war, die Nähe einer Frau auf Dauer zu ertragen, und lieber lasse ich die Blumen austrocknen und sterben, als sie ihr zu bringen, und man verteufelt sich für das unglückliche Beispiel und argumentiert, dass es auch abgesehen von floristischen Mitbringseln für Mütter unzählige Dinge gibt, die gut gemeint und auch tatsächlich gut sind, zum Beispiel, wenn ein Mann sich publizistisch für Menschenrechte und Demokratie engagiert, sich Gehör verschafft und vor heraufziehenden Gefahren warnt, etwa in den 1920er und 1930er Jahren vor Hitler und dem Dritten Reich, und auch wenn es diesem Mann, der es doch eigentlich gut mit seinem Heimatland meinte, nicht gelingen konnte, mit Worten eine Katastrophe aufzuhalten, war es doch gut, dass er es versucht hat, das Böse, es war anderswo und viel zu groß, und ja, lieber Kurt, du bist gemeint, hast es gut gemeint und hast es gut gemacht, auch wenn es nicht viel genützt hat, doch der Kurt, er zuckt nur mit den Schultern und sagt, er würde jetzt gerne den Film über diesen Harry sehen, der sei sicher gut.

es sind schon fast geflügelte Worte, dieses
„es war gut gemeint“
Ich habe es vor einigen Jahren mal am eigenen Leibe erfahren, habe eine gut gemeinte und meiner Meinung nach sehr mitfühlende Mail an eine Freundin geschrieben und stieß damit mitten in ein Hornissennest, deren Zorn sich dann über meinem Kopf entlud…
Diese „Freundin“ machte mir in versammelter Runde einen Riesenkrach, ich wußte gar nicht, wie mir geschah, denn ich hatte wirklich nur in der allerbesten Absicht gehandelt und war ganz zufrieden mit mir und dieser Absicht, aber ..
sie hatte es in den falschen Hals bekommen…
Gut rübergebracht, das gut Gemeinte, lieber Disputnik, das immer nur ein Versuch ist, mit möglichst geringem Aufwand
Gutes zu tun, eine Geste sozusagen. Man/frau muß sich nicht noch mehr Gedanken machen (Blumen sind immer gut), denn man hat sich doch sehr bemüht, aber Bemühen ist niemals genug…
Es war gut gemeint – und achselzuckend weitergehen – mehr ist nicht drin… oder doch???
Ein klasse Artikel, den ich mir auch sehr gut in der Presse vorstellen könnte, vielleicht noch gestraffter und möglichst täglich ein anderes Thema. Das wär doch was für Dich!
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Vielen herzlichen Dank für deine Worte, liebe Bruni…
Tut mir sehr leid, die unschöne Folge des Gutgemeinten im Falle deiner Freundin… Im falschen Hals kann der Zorn manchmal ganz schön wuchern…
Natürlich ist häufig mehr drin als nur die gute Absicht, ganz bestimmt mehr als nur ein achselzuckendes Weitergehen… Und ja, manchmal ist das Gutgemeinte wohl wirklich nur eine Geste, vielleicht auch einfach eine Lüge… Muss aber nicht sein. Und es gut zu meinen ist meistens besser als es ungut zu meinen…
Ob meine Worte in die Presse passen, wage ich zu bezweifeln, die sind hier wohl besser aufgehoben…
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na, na, nun stell Dein Licht mal nicht unter den Scheffel! *lächel*
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Ist eben eine Energiesparlampe, die leuchten nicht so hell…
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Wow. Würdest Du den Text mal bitte der FAZ oder der Süddeutschen oder dem Spiegel anbieten? Und dann möchten sie Dir bitte auch gleich eine wöchtentliche Kolumne geben, oder was auch immer. Die Breite des Spektrums, das Du hier im Blog „verschleuderst“ (sorry, das ist durchweg huldigend gemeint!) gehört an andere Stellen und vor allem auf Papier. Grüße!
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Wie du weisst, sind solche langen Satzgebilde mit entsprechender Wartezeit auf den erlösenden Punkt nicht überall gern gesehen, bestimmt auch nicht beim Spiegel und bei der Süddeutschen… Aber lieben Dank für die Huldigung!
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So ein paar Satzzeichen würden dem Ganzen nichts nehmen. Aber ich weiß schon.. jedenfalls mir hat er gefallen!
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