Vor gefühlten hundert Jahren und mindestens einem Dutzend durchlaufener Phasen meines Seins schrieb ich einen Text über Toilettenpapier, aus vollkommen unerfindlichem Grund, auch heute noch habe ich keine Ahnung, weshalb ich dies tat, womöglich war mir die auslösende Idee bei einem Akt der Defäkation gekommen, jedenfalls entstand dieser Text, eine muntere Ansammlung von Gedanken über zweilagige, dreilagige und vierlagige Vertreter ihrer Gattung sowie über parfümierte Abarten, ein überraschend umfangreiches Werk, das in seiner Essenz etwa einen Wert aufwies, der sich mit dem gleichen Wort beschreiben ließ wie jene Masse, die häufig notgedrungen und quasi notdürftig mit dem beschriebenen Produkt in Berührung kommt, also Scheiße, je nach gesellschaftlicher Kaste und emotionaler Verfassung auch Stuhl, Kacke oder Kot genannt, aber ohne Zweifel übel und unschön, keinesfalls eine Glanztat also, und ich erinnere mich, wie ich damit haderte, keinen wenigstens annehmbaren Text über Toilettenpapier schreiben zu können, ich versuchte es mit Umformulierungen und dem Verschieben von Wörtern, doch das Resultat wurde nicht besser, im Gegenteil, und irgendwann akzeptierte ich mein Unvermögen, es war gar nicht so schwer, ich fügte mich in mein Versagen, und allmählich verblasste das Hadern, doch vor einiger Zeit wurde ich an mein Scheitern erinnert, eher zufällig und vollkommen unbeabsichtigt, nämlich beim Lauschen einer amüsanten Anekdote über einen Sanitärinstallateur, der seine Mittagspause auf einem Baumstrunk sitzend verbrachte und anschließend feststellen musste, dass sich zähes Baumharz in den Stoff seiner Hose geschlichen hatte, daraufhin den Sitz seines Firmenwagens mit Papiertaschentüchern bedeckte, um das Polster nicht mit Harz zu verunreinigen, was an und für sich eine gute Idee zu sein schien, sich jedoch alsbald als unglücklich entpuppte, da ihm beim Aussteigen nicht auffiel, dass ihm noch immer Papiertaschentücher am Hintern klebten, was auch der Fall war, als er an der Tür einer Kundin klingelte, woraufhin diese öffnete und beim Anblick des seltsam geschmückten Sanitärinstallateurs vor Schreck die Hände vors Gesicht schlug, was nach einem ziemlichen Klischee klingt, Menschen schlagen sich deutlich seltener die Hände vors Gesicht als gemeinhin angenommen, aber witzig war diese kleine Geschichte im Moment des Hörens eben doch, vor allem, weil sie lebendig und gestikulierend erzählt wurde, und sie erinnerte mich an den erwähnten Text über Toilettenpapier, was irgendwie wenig nachvollziehbar erscheint, doch Gedankengänge halten sich längst nicht immer an die Gesetze der Logik, überdies ist eine gewisse Verwandtschaft zwischen Papiertaschentüchern und Toilettenpapier durchaus erkennbar, zumal sie in Ausnahmesituationen in der Lage sind, die Funktion des jeweils anderen Produktes zufriedenstellend wahrzunehmen, was jedoch nichts daran ändert, dass der kleine Zwischenfall mit den Papiertaschentüchern am Hintern des Sanitärinstallateurs genügend Stoff für einen halbwegs lustigen Monolog lieferte, ich aus all den Variationen von Toilettenpapier aber keinen vernünftigen Text zu kreieren vermochte, aber wahrscheinlich ist dies relativ normal, wahrscheinlich braucht es eine Geschichte, um über Toilettenpapier oder eben über Papiertaschentücher zu schreiben, bei Menschen ist dies wohl ähnlich, über Menschen zu schreiben, zu denen ich in keinerlei Beziehung stehe, ist langweilig, so langweilig wie diese Menschen selbst, zumindest für mich und zumindest ohne umrahmende Handlung, nicht spannender als dreilagiges Toilettenpapier, und erst, wenn sie in eine Geschichte eingebettet sind, werden Menschen und Toilettenpapier im Idealfall interessant, es braucht Geschichten, Geschehnisse oder Gefühle, wobei letztere selten im Kontext von Toilettenpapier stehen, und deshalb war mein Text damals wohl so unerträglich banal und schlecht, da steckten weder Gefühle noch eine Geschichte drin, doch jetzt, im Zusammenhang mit Papiertaschentüchern an einem Männerarsch, jetzt reicht es wenigstens für einen Satz, der zwar ebenfalls nur mäßig spannend ist, aber immerhin lang und breit, ein wenig unförmig und harzig, was aber am Sanitärinstallateur liegt, schließlich musste der ja unbedingt seine Mittagspause auf einem Baumstrunk verbringen.

jetzt, lieber Disputnik, wäre es mal noch interessant, eine Story aus dem Blickwinkel einer Frau zu diesem Thema zu lesen *lächel*
ICH jedenfalls habe mich beim lesen mal wieder „köstlich“ amüsiert *g*
Herzhafter Gruß an dich
vom Lu
LikeLike
Vielen Dank, lieber Finbar, für deine Worte… Ich weiss aber nicht, aus wie vielen Blickwinkeln sich diese Thematik betrachten lässt, doch auch ich lasse mich gern überraschen…
LikeLike
Aber erst nach der Endreinigung, hoffe ich.
LikeLike
Hoffe ich auch…
LikeLike
Das wäre eben dann die Beherrschung deiner Triebe. Mit hoffen hat das nichts zu tun.
LikeLike
Immerhin lässt es dich nicht kalt, wenn das Toilettenpapier in Unmengen verbraucht wird. Da stehen Gefühle dahinter. Zum Bankkonto und zum Arsch der Verbraucherin.
LikeLike
Jaha, da sind natürlich Gefühle dahinter, und vor allem Letzteres lässt mich keinesfalls kalt…
LikeLike