Er glaubte, er sei auf dem richtigen Weg. Man geht ja meistens auf verschiedenen Straßen gleichzeitig durchs Leben, und diese schien zu den guten Straßen zu zählen. Der Asphalt war robust, wenn auch an einigen Stellen Unkraut aus großen Ritzen wuchs, doch ohne Unkraut geht es nicht, Unkraut ist auch Leben, ist wahr und echt.
Er ging weiter, denn die Straße trug ihn vorwärts, vorbei an kahlen Hügeln und Geröll, durch vereinzelte Wälder. Manchmal wunderte er sich über die dunklen Schatten zwischen den Bäumen, doch er fürchtete sich nicht, und als die ersten Schlaglöcher kamen, konnte er in der Regel gut ausweichen, nur hin und wieder stolperte er, doch ohne Stolpern geht es nicht, Stolpern ist auch Leben, ist wahr und echt.
Die Straße führte durch unbekanntes Gelände, doch er fühlte sich meistens sicher, setzte einen Fuß vor den anderen und wenn er zu einer Brücke gelangte, vertraute er darauf, dass sie ihn trug. Die Schlaglöcher wurden größer, manchmal brachen mächtige Wurzeln durch den zunehmend bröckelnden Asphalt, und einige Male fiel er hin, zog sich Schrammen an den Knien zu, doch ohne Schrammen geht es nicht, Schrammen sind auch Leben, sind wahr und echt.
Der Wald wurde dichter, der sichtbare Himmel immer kleiner, doch er ging weiter, ein Umdrehen kam nicht in Frage, und die Abzweigungen verschmähte er, weil er nicht wusste, wohin sie führten. Immer häufiger blieb er stehen und ließ seinen Blick schweifen, bis sich dieser in den Blättern verhedderte, die im Wind tanzten und die Luft mit Rauschen erfüllten. Die Farben der Bilder, die er sah, näherten sich immer mehr dem Grau des Asphalts an, und allmählich wuchsen die Zweifel in ihm, doch ohne Zweifel geht es nicht, Zweifel sind auch Leben, sind wahr und echt.
Irgendwann wurde die Straße enger, wandelte sich zum einem schmalen Pfad, und wenn sich kleine Lichtungen im Wald auftaten, bemerkte er, dass es in der Ferne heller war als unmittelbar vor ihm. Von Zeit zu Zeit drang ein buntes Schimmern durch das Dickicht, dann spürte er ein Stechen in der Brust und hielt inne. Er atmete ein, atmete aus, und manchmal musste er sich setzen, weil die Schmerzen ihn am Weitergehen hinderten, doch ohne Schmerzen geht es nicht, Schmerzen sind auch Leben, sind wahr und echt.
Der Weg war längst nicht mehr asphaltiert, die Markierungen wurden rarer, die Luft kälter, seine Schritte zittrig und zaghaft. Immer wieder fiel er hin, und als er sich einmal heftig den Kopf an einem Stein stieß, blieb er liegen und ließ das Dröhnen in alle Glieder fahren. Über ihm schoben sich Wolken über den Himmel, die Baumstämme knarrten im Wind, er fühlte das Aufkeimen von Angst, doch ohne Angst geht es nicht, Angst ist auch Leben, ist wahr und echt.
Er liegt im Wald, und als er die Augen schließt, verschwinden die Bäume, lassen eine Leere zurück. Er öffnet die Augen, die Bäume sind wieder da, doch die Leere bleibt. Erste Tropfen fallen, bald darauf prasselt der Regen auf sein Gesicht und wäscht die Zeichnungen der Traurigkeit weg, doch ohne Traurigkeit geht es nicht, Traurigkeit ist auch Leben, ist wahr und echt.
Er glaubte, er sei auf dem richtigen Weg. Man geht ja meistens auf verschiedenen Straßen gleichzeitig durchs Leben, einige davon führen ins Nichts, und manchmal denkt er, dass fast alle in einer Sackgasse enden. Natürlich gibt es immer neue Straßen, andere Straßen, man muss sie nur finden. Und vielleicht wächst dann erneut Unkraut aus den Ritzen des Asphalts, und vielleicht wartet am Ende des Weges wieder eine Sackgasse. Vielleicht aber auch nicht. Und ohne dieses Vielleicht geht es nicht, dieses Vielleicht ist auch Leben, ist wahr und echt. Vielleicht.

*lächel*, ja, echt und mit Sicherheit gut!
Ich mußte mich da ein wenig anlehnen, es ging nicht anders, denn auch das ist ein Weg, um zu einem Text zu gelangen.
Den ging ich
und alles ist Leben, Du sagst es, und es ist leicht, es trägt erstmal hurtig vorwärts und nichts kann passieren, doch mit den Schatten kommt das Schwierige, das, was zweifeln läßt, ob richtig ist, was man tut, dieses Gehen auf den Wegen mit dem Unkraut in den Ritzen und den Schrammen an den Knien vom Straucheln an den Stolpersteinen, die oftmals unsere Wege pflastern. Die Lebenswege, die doch nur ein einziger sind, obwohl die einzelnen Abschnitte aussehen, als seien sie aus verschiedenen Wegen zusammengesetzt und am Ende alle dort münden, wo immer unser Ziel liegt.
Und doch kommt es auf den Weg selbst an und WIE spannend ist er…
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Liebe Bruni, vielen Dank für deine Gedanken… Ja, manche Wege führen immer weiter und münden irgendwo und irgendwann mit all den anderen. Aber manche Wege sind eben auch Sackgassen, führen nirgendwo hin und enden frühzeitig. Oder sie sind so unwegsam, dass sie sich nur mit Mühe bewältigen lassen und mit der Frage, ob sich diese Mühe eigentlich lohnt… Aber ja, spannend ist der Weg, der grosse ganze. Nochmals Danke!
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Sicher gut. Sehr.
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Bestimmt. Echt. Und gut.
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Vielleicht gut. Bestimmt Danke. Sehr.
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