Wir sind unscharfe Skizzen, dem Tagebuch entrissen, fein säuberlich aus dem Poesiealbum getrennt, wir sind Zettel mit Worten, mit zerfetzten Gedanken, und setzen wir die einzelnen Teile zusammen, hat das Große und Ganze zumeist keinen Sinn, aber Sinn muss doch sein, sonst ist es kein Leben, kann es nicht geben, sinnlos heißt eben auch meistens vergeblich, vergebliches Leben, also kein echtes, und auch kein wahres, ein Aufrechterhalten von Körperfunktionen, eine stetige Folge von gewohnten Bewegungen im eng abgesteckten Handlungsspielraum, wir bleiben im Rhythmus, doch wir tanzen nicht mehr, wir wären gern anders und bleiben doch gleich, bleiben stets wir, denn anders geht nicht, nicht einmal dann, wenn wir uns verändern, nicht einmal dann, wenn wir ruckartig wenden, uns um neunzig Grad drehen oder um hundertachtzig, und wenn alles rund läuft, dann geht man im Kreis, kommt nirgendwo an, doch ankommen ist wichtig, wir brauchen ein Ziel, einen Punkt in der Ferne, und wir streben nach vorne, hinein in die Zukunft, hinein in die Leere, die wir dereinst möglichst zu füllen gedenken, im Rucksack die Wünsche, die alten Prinzipien, die Sehnsucht, die Angst, vor dem Tod und dem Sterben, wir gehen durchs Leben und blicken uns um und manchmal sieht’s schön aus, dann bleiben wir stehen, nur kurz, nur schnell, wir machen ein Foto, speichern das Bild und bewahren es auf, so lässt sich die Aussicht ja wieder betrachten, wann immer wir mögen, wir füllen die Alben mit Momenten der Wahrheit, nur die Momente an sich, die erleben wir nicht, denn es gibt ja die Fotos, die bleiben für immer, und wir müssen weiter, sonst entflieht uns die Zeit, und so sammeln wir Bilder, wir sammeln Momente und hängen sie auf, wir sind ein Museum, mit Staub in den Ecken und hinter den Säulen, alles bebildert, alles beschildert, und mittendrin wir, mit dem Rücken zur Wand oder dem Kopf dagegen, jeder Tag ist ein neuer, doch die Wand bleibt die gleiche, vielleicht ändern wir Farben und wechseln Tapeten, doch wir erwachen doch stets in den gleichen vier Wänden, im gleichen Zimmer, alles wie immer, und dann schreiben wir wieder Worte auf Zettel, zerfetzen Gedanken, skizzieren die Welt, das Tagebuch füllt sich, doch die Leere, sie bleibt, der Rucksack wird schwerer, wir tanzen nicht mehr, wir streben nach vorne und gehen im Kreis, betrachten die Bilder im Museum der Zeit, die Zeit läuft davon, und wir laufen mit, gewohnte Bewegungen im Handlungsspielraum, die Zeit, sie läuft, und dann bleibt sie stehen, meistens zu früh, dann schließt das Museum, die Lichter erlöschen, und alles, was bleibt, sind Bilder im Dunkeln und Staub in den Ecken.

wow, Du weißt schon, daß Du eigentlich ein Poem, ein Gedicht geschrieben hast???
Natürlich ist es Dir oder Deiner Liebsten aufgefallen.
Klasse ist es, Zeile für Zeile, auch ohne Reime
gekonnte Poesie mit dem Spiel Deiner Worte,
Gedanken, die Dir voraus schon in die Tasten sprangen.
Wäre ich nicht in mir, wäre ich garantiert nun außer mir, so gut ist es Dir gelungen.
Ich habe es automatisch so gelesen, als sei es die reine Lyrik – denn das ist es
und die Melodie beim Lesen war voller Harmonie und Wahrheit bis in die allerletzte kaum sichtbare Ecke
Einen lieben morgendlichen Gruß von Bruni
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Oh, wie schön, vielen Dank, liebe Bruni… Wie poetisch oder lyrisch es geworden ist, weiss ich nicht, aber einen gewissen Rhythmus wollte ich dem Text gern verleihen, einen Strom mit vereinzelten Stolpersteinen… Schön, dass du die Melodie beim Lesen hören konntest; nochmals Danke dafür!
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