Hinauf zum Mond will sie, hinaus ins All, hinein ins Nichts, denn hier kann und will sie nicht bleiben, hier ist der ganze Dreck, der ihre Poren verstopft, ihre Lungen perforiert und in die Ritzen kriecht, hier ist dieser stetig wachsende Berg, den sie hinter sich herzieht und mühsam durch die Zeit schleift, hier ist die Illusion eines Lebens, eine Existenz, die sie nicht aufgebaut hat, die einfach gewachsen ist, eine Ansammlung von Dingen und Augenblicken, zu einem Haufen getürmt und unförmig in den Himmel ragend, und hinauf zu diesem Himmel will sie, hinauf zum Mond, hinaus ins All, hinein ins Nichts, denn hier gibt es nichts mehr zu tun, es gibt nichts mehr zu erreichen, sie hat die kümmerlichen Hügel vor ihrem Fenster längst bestiegen, die Gipfel erklommen und nach unten geblickt, doch da war nichts zu sehen, was den Aufstieg gerechtfertigt hätte, und alles, was ihr den Atem raubte, war die dünne Luft, und erst der Blick nach oben ließ eine Perspektive entstehen, sie schaute ins Blaue, doch sie sah das Schwarze dahinter, hinter dem Himmel, und dorthin will sie, hinauf zum Mond, hinaus ins All, hinein ins Nichts, denn hier sammelt sich lediglich Staub auf den Dingen der Vergangenheit und in allen Winkeln des Raumes, hier sterben die Momente und verkümmern in der Dunkelheit vergangener Tage, und sie mag nicht mehr rückwärts durch die Zeit gehen, die Aussicht macht sie mürbe, also dreht sie sich um und blickt nach vorne, blickt nach oben, und dort hinauf will sie, hinauf zum Mond, hinaus ins All, hinein ins Nichts, denn hier ist alles bereits gesagt, alles ist getan, nur noch etwas bleibt zu tun, ein Raumanzug, und sie beginnt zu nähen, Stich um Stich, ohne Pause, ohne das lange Nachdenken, das ihre Schritte viel zu lange gehemmt hatte, ohne Muster, denn in solche passt sie längst nicht mehr, der Faden gleitet durch den Stoff, und als sie fertig ist, lächelt sie und zieht sich um, geht hinaus und legt sich auf den Rücken, sieht hinauf, und dorthin will sie, hinauf zum Mond, hinaus ins All, hinein ins Nichts, denn hier gibt es nichts, das sie zum Bleiben drängt, es gibt niemanden, der sie hält, also lässt sie los, und allmählich spürt sie eine Leichtigkeit in ihrer Brust, alles Schwere kracht zu Boden, ein schrilles Getöse, das sich aber bald zum dumpfen Rauschen wandelt und immer leiser wird, bis es schließlich verstummt, alles verstummt, und irgendwann erlischt das blaue Leuchten, das Bild wird schwarz, und alles, was noch zu sehen ist, sind einige helle Punkte und der Mond, und dort hinauf will sie, hinauf zum Mond, hinaus ins All, hinein ins Nichts, und die Reise, sie ist lang, aber das war sie schon vorher, und dieses Mal stimmt zumindest die Richtung.

eigentlich finde ich es sehr schade, wenn das blaue Leuchten erlischt…
doch verstehe ich gut, wenn sie hinauf möchte, Schweres hinter sich lassen möchte, aus dem Bedrückenden heraus und hoch hinauf, auf den Gipfel, der keiner ist, doch das Höchste, das sich dem Menschen bietet, wenn er DIESE Höhe erreichen will, weil nichts anderes vergleichbar scheint…
Lange Reisen erfordern immer Geduld, ganz egal, wohin sie führen
Wieder mal ein Text, der gespickt ist mit Nachdenklichkeiten, wert, langsam und bedächtig gelesen zu werden.
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Ja, ich mag das blaue Leuchten auch nicht erlöschen lassen, doch manchmal sucht man vielleicht das Helle in der Dunkelheit, sucht im Nichts nach etwas, weil man im Alles und Hier und Jetzt nichts finden kann… Es freut mich sehr, liebe Bruni, dass du meine Texte liest, langsam und bedächtig und überhaupt, und sie mit deinen Worten bereicherst…
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