Kein Augenblick kann den Moment überleben, und jeder Moment stirbt. Alle Gegenwart wird unmittelbar fortgeweht vom Fahrtwind der Zeit. Was bleibt, sind die Bilder, und mit diesen Bildern bepflanzen wir unsere Vergangenheit. Ein wucherndes Fundament aus Begebenheiten, ein reiches Feld, in welchem die Erinnerungen mal energisch, mal zaghaft aus dem Boden wachsen, sobald wir uns ihnen nähern, kurz aufblühen und allmählich wieder verblassen. Wir gehen gerne über dieses Feld, und wenn wir uns bemühen, werden die Momente für einige Zeit lebendig und kitzeln zwischen den Zehen. Wir könnten durchaus ohne diese Spaziergänge existieren, sämtliche anatomischen Organe würden weiterhin funktionieren, mehr oder weniger. Doch um die Wahrhaftigkeit des Lebens zu erfassen, ist das üppig bewachsene Feld essenziell.
Und dann, womöglich, wahrscheinlich, irgendwann, verlieren wir den Boden unter den Füssen. Die Pflanzen verhungern, verdursten, und das Feld wird allmählich zur Wüste, trocken und leer. Und vielleicht können wir die Städte und Dörfer noch erkennen, die Autobahnen und Betonbauten, die kahlen Zimmer. Doch die Welt, unsere Welt, sehen wir nicht mehr. Bis dereinst alles schwarz wird.
Schließlich gehen wir zur Erde und in sie hinein. Das Sein wird zum Gewesenen, es gibt nichts mehr zu tun. Doch wenn wir Glück haben, wachsen wir aus anderen Feldern, immer wieder, umweht vom Fahrtwind der Zeit.

wow soooo schön geschrieben!! und sehr inspirierend😁….. mir eigene Gedanken dazu aufzuscheiben, der Fahrtwind des Lebens weht mir gerade eine Sturmfrisur…
bin gestern zufällig über deinen Blog gestolpert und habe schon einige deiner Texte verschlungen….
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Das freut mich sehr! Vielen lieben Dank dir fürs Stolpern und Lesen und für deine Worte!
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„Schließlich gehen wir zur Erde und in sie hinein. Das Sein wird zum Gewesenen, es gibt nichts mehr zu tun. Doch wenn wir Glück haben, wachsen wir aus anderen Feldern, immer wieder, umweht vom Fahrtwind der Zeit.“
Der krönende Abschluss! Und er ist großartig! Hut ab!
LG
Annie H. / Herbststill
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Vielen herzlichen Dank dir!!!
Liebe Grüsse zurück…
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dem Fahrtwind können wir uns nicht entziehen, er zieht uns mit, ob wir es wollen oder uns gegen ihn sträuben. Er ist stark und es ist auch gut so. Liesse er uns die Wahl, würden wir vielleicht noch heute an einer schönen Ecke stehen, bewegungs- und regungslos, und die nächsten schönen Augenblicke könnten wir gar nicht erst entdecken…
Manchmal brauchen wir aber eine Nische im Wind, in der wir dann unsere Erinnerungen, unsere vergangenen, weggewehten Erinnerungen wieder mal festhalten, in der wir sie in Ruhe betrachten können, denn sind SIE verloren, unwiderbringlich in den Weiten des Windes abhanden gekommen, verlieren wir unsere Identität und wir treiben ziellos einem „Ziel“ entgegen, das uns immer mehr Vergessen gibt und darin zu ertrinken ist eine bodenlose und entsetzliche Vorstellung
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Ja, die Vorstellung ist entsetzlich, das Ertrinken selbst noch viel mehr.. Die Nischen, in die wir uns immer wieder flüchten vor dem Wind, sie tun gut, sind wertvoll, essenziell… Vielen lieben Dank für deine Worte, liebe Bruni, dein Weiterdenken und Mitteilen…
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Wunderschön.
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Dankeschön!
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Ich nehme den fahrtwind der Zeit dankbar an. Die schönen Momente, die ich lieber festhalten würde, sind dadurch zwar irgendwann vorbei, aber das garantiert mir auch, dass die schmerzhaften Situationen ein Ende finden werden.
Und so genieße ich jede schöne Sekunde in vollen Zügen um die Erinnerung als Licht in dunklen Stunden nutzen zu können…
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Eine gute Taktik, wahrscheinlich die beste… Lieben Dank für deine Worte!
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Besonders zum Anfang deines interessanten Eintrags passend, möchte ich dich auf einen Eintrag von mir hinweisen, der gut dazu passt, wenn auch vom Charakter her völlig verschieden:
http://finbarsgift.wordpress.com/2013/07/06/die-zukunft-oder-der-puls-der-vergangenheit/
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Eine wunderbare Gedankenansammlung, lieber Finbar, vielen Dank!
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ICH will ihm keine Chance geben, diesem Fahrtwind der Zeit!
Obwohl: je älter und je langsamer du dich als Mensch auf der von dir so blumig beschriebenen Wiese bis hin zur Wüste bewegst, desto rascher bläst er dir immer brutaler ins Gesicht…
und dennoch, der Mensch hat eine Kämpfernatur!
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Vielen Dank für deine Worte, lieber Finbar…
Ja, manchmal möchte ich sie auch bekämpfen, die Zeit, möchte sie zum Stillstand bewegen, doch vielleicht ist es schon okay, wenn man sich mit ihr arrangiert und den Fahrtwind akzeptiert. Windstill wird es früh genug…
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*lächel ob deines letzten Satzes* in der Tat, zumeist früher als gedacht! *lu lacht*
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Schön, das *…*
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