Der Raum, er kippt. Das Waagrechte wird senkrecht, das Senkrechte wird waagrecht, und Recht und Unrecht halten sich nicht die Waage, werden gar nicht abgewogen; es geht ihr nur um die Lage und nicht darum, wie sie in diese Lage geraten ist. Wie man liegt, liegt nicht nur daran, wie man sich bettet, es geht auch um den Raum, den man beansprucht, um den Raum, den man sich gibt, den man anderen gibt und wie man sich darin bewegt, und der Raum, er kippt. Natürlich ist sie unbequem, ihre Lage. Der Kopf auf dem Tisch und der Hals seltsam abgewinkelt. Natürlich schmerzt das. Doch all die Menschen, die ihr die Pistole auf die Brust drücken und sie zwingen, den Raum zu kippen, es gibt diese Menschen nicht. Es gibt keine Pistolen. Es gibt nur sie und ihr Weigern, die Strukturen des Raumes zu akzeptieren, und der Raum, er kippt. Die Schwerkraft wirkt nicht mehr, und der Boden, er geht verloren, wie so vieles verloren geht. Was bleibt, ist das Gefühl, quer im Gefüge zu liegen. Was bleibt, ist Wut. Sie muss raus, diese Wut, raus aus ihr und hinein in den Raum, ganz egal, was dort liegt oder wer dort steht, und wer dort steht, steht im Weg, wächst scheinbar aus der Wand und seitlich in ihr Blickfeld, und damit hat sie wohl nicht gerechnet. Niemand ist aufrecht, niemand ist aufrichtig, alles und jeder läuft schief in ihrem Raum, und der Raum, er kippt. Sie findet, jemand muss schuld sein, muss die Verantwortung tragen. Sie mag nicht, mag keine schweren Lasten heben, mit dem Kopf auf dem Tisch und dem abgewinkelten Hals macht das der Rücken nicht mit. Sie verharrt in ihrer Lage, bewegt sich nicht, und wenn sich ihr jemand nähert, seltsam waagrecht auf sie zugeht, dann schreit sie einfach, schreit jeden an und weg, schreit all die Wunden und Steine und Regengüsse und Verbrennungen und Entbehrungen in die Welt, schreit sie aus ihr hinaus und hinein in den Raum, und der Raum, er kippt. Und fällt.

Der Raum kippt… Was für eine Vorstellung, doch diese zeigt, was gemeint ist,
das nicht mehr ErtragenKönnen der Realität, in der alles seine Ordnung hat,
oben immer nur oben ist und unten immer nur unten, also muß sie auf den Kopf gestellt werden, alles sollte anders, feinfühlig sein, ihr auf die Beine helfen, die sie nicht mehr ordentlich tragen wollen in dieser ordentlichen Ordnung, gegen die sie wütet und nicht recht weiß, wohin mit sich selbst…
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Vielen Dank für deine Gedanken, liebe Bruni, nicht nur, aber vor allem auch für die Worte am Ende, über ihr Wüten gegen die Realität, gegen die Dinge und Menschen, die sie umgeben und quer stehen, und ja, sie weiss nicht recht, wohin mit sich selbst, darum bleibt sie liegen und schiebt den Rest von ihr weg, irgendwie…
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