Sie fragten ihn, weshalb er den Türrahmen mit seiner Hand zertrümmert habe und dabei auch die Hand selbst, und er sagte nichts. Er betrachtete die blutigen Stellen an seinen Knöcheln und umklammerte seinen Unterarm, ließ ihn schlapp nach unten hängen und räusperte sich geräuschvoll. Schließlich spuckte er auf den Teppich und verstrich den Speichel mit seinen Schuhen.
Sie fragten sie, weshalb sie denn nichts esse, weshalb sie kaum mehr zu sehen sei, aber immer noch glaube, sie sei zu dick, und sie sagte nichts. Sie zerrte nervös an den Knöpfen ihrer Bluse und zog den Bauch ein, kaute auf ihrer Unterlippe und ließ sie immer wieder ein wenig zwischen den Zähnen hervorschnellen.
Sie fragten ihn, weshalb er Feuer gefangen habe, weshalb er sich angezündet habe und in Flammen aufgegangen sei, und er sagte nichts. Er raschelte mit seiner Zeitung und ließ sie sinken, atmete laut aus und trat einen Schritt zurück, und verbrannte Druckerschwärze rieselte wie Staub auf den feuchten Stein unter seinen Füssen.
Sie fragten sie, weshalb sie sich auf jenes Gleis gelegt habe, weshalb sie auf diese Weise hatte beenden wollen, was noch nicht vollendet war, und sie sagte nichts. Sie strich mit den Handflächen über das kalte Metall, das so stur und unverrückbar seine Wege zog, so selbstbewusst durch die Landschaft drang, und in ihren Augen schimmerte es dunkel und nebulös.
Sie fragten ihn, weshalb er all jenen Menschen das Leben rauben musste und ob es denn einfach seine eigene Existenz gewesen sei, die ihn weit über das Erträgliche hinaus geführt hatte, und er sagte nichts. Er kratzte sich mit rissigen Fingern an einer Stelle am Oberkörper, irgendwo unter der Schulter, und schüttelte langsam den Kopf.
Sie fragten sie, weshalb sie ihren Körper so sehr pflege, nur um ihn bald darauf all den Plünderungen zu überlassen, und sie sagte nichts. Sie zog noch einmal den Lidstrich nach und die Strümpfe nach oben, zupfte an ihren Haaren und malte ein Lächeln in ihr Gesicht. Dann nickte sie und schloss die Augen.
Sie fragten, und sie sagten nichts. Eine Antwort war es trotzdem.

vlele Fragen werden nur um des Fragens willen gestellt, und weniger, weil eine Antwort erwartet wird. Sinnlose Fragen könnten es sein, weiß doch der vom Leben Geschlagene selbst nicht, warum in genau diesem Moment Dieses geschehen konnte. Einen Moment später wäre es schon wieder anders gewesen.
Wobei natürlich auch sogenannte sinnlose Fragen ihren Sinn haben und sei es nur, um jemanden zum sich Regen zu bewegen…
und auch gezeigte Gleichgültigkeit kann unter der Oberfläche Verletztes verbergen, Grausamkeit kann ihre Ursache auch in Liebe haben, Liebe, die verhöhnt wurde, die verpönt war, nie ernst genommen, sondern nur immer nur verspottet .
Ein sehr schwieriges Thema schneidest Du wieder an und hilflos stehen wir meist vor solchen Geschehnissen
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Liebe Bruni, vielen Dank für deine Gedanken und Worte… Ja, manchmal folgt auf die Frage nach dem Weshalb nur ein Schweigen, ein Nichts, sei es, weil die wahren Gründe nicht nach aussen dringen sollen oder weil es eigentlich gar keine Gründe und entsprechend auch keine Antwort gibt. Natürlich kann man behaupten, es gebe immer eine Ursache für Leere, Traurigkeit und dergleichen, doch manchmal lässt sie sich im grossen Nichts kaum finden… Nochmals danke für deinen Kommentar und deine Sichtweise!
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Wow.
Düster.
Bedrohlich.
Und doch irgendwie faszinierend schön.
Toll geschrieben, danke!
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Danke! Fürs Kommentieren und Düster-bedrohlich-und-aber-auch-schön-Finden…
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Gerne. Kommentiere gern, weil ich mich selber auch üner Kommentare freue… 😉
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