Wir wachsen wie Bäume nach oben, aber nie über uns hinaus, obschon wir gerne würden, und irgendwann kommen wir nicht mehr höher, wir verharren, wie sehr wir uns auch strecken, wir wären gerne größer und mächtiger, um weiter sehen und uns den Stürmen widersetzen zu können, uns nicht beugen zu müssen, doch wir schwanken, wir geben nach, weil wir müssen, denn sonst würden wir zerbrechen wie trockene Zweige in den Händen eines feuerholzsuchenden Kindes, und wenn der Regen fällt, spüren wir das Pulsieren in unseren Wurzeln, wir trinken jeden Tropfen, doch der Durst endet nie, und wenn die Sonne unsere Glieder wärmt, fühlen wir, wie die Haut langsam heilt, die Risse sich langsam schließen, und irgendwann schneidet jemand Namen in unsere Rinde, doch dieses Mal ist es keine Wunde, es ist eine Markierung, ein Bild, das sich einbrennt, ins Herz und in die Augen, und unsere Blätter, sie tanzen im Wind, nach unserem eigenen Rhythmus, wir stehen im Wald und sehen die Bäume und wissen, das ist unser Garten, hier blühen wir, bis wir verblühen und im Herbst unsere Blätter verlieren, und wenn die Temperatur dann unter Null fällt, stehen wir bleich in der Kälte, und leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See, und der Wald glänzt zwar, doch unser Glanz ist verblichen, nur unsere Stämme bleiben kräftig, und irgendwo, ganz nah und dennoch fern, wachsen neue Bäume in den Himmel, unseren Wurzeln entsprungen, sie treiben nach oben und wir stehen daneben, schauen zu und in uns hinein, und wir erkennen, dass wir immer größer wurden und immer größer werden, unser Holz dehnt sich aus, nicht nach außen, sondern nach innen.

wie Bäume sind wir, so hoffen wir, festgewurzelt in der Erde, ausgehnt in die Weite, sofern sie uns nicht schon wieder begrenzt, die Höhe uns hemmt und uns der Erde entgegenbeugt.
Risse in unserer Borke, unserer Baumhaut, die unsere Weichheit schützt, doch durch diese Risse Beunruhigendes, Verletztliches eindringen läßt.
Und wir hoffen auf unser Wurzelwerk, weit verzweigt und unser Halt in einer Welt voller Zerstörung.
Wiedergeboren fühlen wir uns in den BaumKindern, denen wir Leben schenkten, die unsererm Wurzelwerk entsprossen sind.
Wir ruhen und leben, wir nehmen und geben, Bäumen ähnlich
Ein wunderbares Bild, lieber Disputik
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…und ein wunderbares Weiterdenken, Gedankenweiterspinnen und Weiterformulieren von dir, liebe Bruni. Nur beim Wiedergeborenfühlen im Nachwuchs würde ich widersprechen, weil das Holz dann doch deren eigenes ist oder sein soll, denkich, aber eigentlich mag ich nicht widersprechen, denn es ist schön, wie’s da steht, in deinem Kommentar… Danke!
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na ja,da ist meine Meinung auch ein wenig zwiespältig. Eigenes Holz ist es schon, doch dem alten meist so ähnlich, daß es zwar von eigener Art ist, aber doch sooo gut erkennbar, von welchem Stamme *lächel*.
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Ja, manchmal ist das junge dem alten Holz tatsächlich ähnlich, was ja oft auch nicht schlimm ist. Fragwürdig wird es meiner Meinung erst, wenn das alte Holz versucht, das junge nach seinem Vorbild zu formen. Oder so.
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eine waldgartenparabel voller ganz besonderer raffinessen…
die symbole deiner schreibsymbolik sprudeln in alle himmelsrichtungen,
von unten nach oben, von außen nach innen, von jung bis alt,
von frühjahr bis winter, alle verfügbaren freiheitsgrade
voll ausnutzend — ein großartiges gesamtbild ist dir
hier gelungen! *chapeau*
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Lieber Finbar, ein mehr als herzliches Dankeschön für dein Chapeau und deine Worte. Sehr schön, dass du dich hast besprudeln lassen und mitgegangen bist in alle Himmelsrichtungen. Danke!
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