Es war einmal.
So beginnen Märchen, doch er hat nie eines gelesen, bekam auch keines vorgelesen, zumindest keines, an das er sich hätte erinnern können, und ganz sicher findet er auch in keinem Märchen statt. Eigentlich findet er nirgends statt. Zwar ist er physisch vorhanden, und wenn er in der Kneipe auf einem Stuhl sitzt, ist der Stuhl besetzt. Doch darüber hinaus füllt er keinen Raum aus, sein Körper verdrängt lediglich die Luft, die Leere bleibt. Sein Part im Theaterstück der Welt, er hat sich ihm nie erschließen können, und tatsächlich spielt er keine Rolle, tat es wohl nie. Wenn er an die einzelnen Episoden seines Lebens denkt, schläft er regelmäßig ein, zu bleiern und ermüdend ist der Prozess, die kleinen Fetzen zu einer Geschichte oder zumindest zu einem Kapitel zusammenzufügen.
Es war einmal.
Bis zu diesem Punkt gelangt er, dann stolpert er. Über die Leerstellen in seiner Biographie. Über den gefrorenen Boden des Brachlandes, das er seit Jahrzehnten bewohnt. Über alte Kisten, ungefüllt und brüchig, einst gedacht für Briefe, die dann nie geschrieben wurden. Über vertrocknete Wurzeln. Manchmal stochert er in der Erde, sucht nach Erklärungen oder Anzeichen, dass es hier einst Leben gegeben hat. Dann gibt er auf und steht starr, lauscht dem Wind und der Geschichte, die er erzählt.
Es war einmal.

das foto ist mal wieder großartig! wunderschöner mensch, – wer ist das?
und darunter die geschichte eines menschen. eines lebens. das
vielleicht jedem so passieren kann.
LikeLike
Ja, wunderschöner Mensch, schon das Gesicht könnte tausend Geschichten erzählten. Wer es ist, weiss ich nicht, du kannst ihm deine eigene fiktive Biografie verleihen… Vielen Liebdank für deinen Kommentar…
LikeLike
Mir schnürt sich der Hals zu….
LikeLike
Oh, das klingt aber unangenehm, unbequem. Sollte es nicht, entschuldige. Aber irgendwie dann doch; danke!
LikeLike
ja ne, ich danke dir! 🙂 unbequem, ja, aber auch für mich, deshalb: daumen hoch! 🙂
LikeLike
Der gleiche Titel, doch wie anders ist die Geschichte hier bei Dir
Die Geschichte eines sich leer fühlenden Menschen, eines Einsamen, der seine Suche längst aufgegeben hat, der lebt, weil er nicht gestorben ist.
Sein Leben hat keine Kisten gefüllt, vertrocknet sind die Erinnerungen an das, was nicht war. Leere füllt seine Stube und er findet sich nicht, obwohl er einen halbherzigen Versuch dazu unternahm, der aber im Beginnen schon ins Stocken geriet.
Ich glaube aber nicht, daß er keine Rolle spielt, er spielt die Rolle des Einsamen, des Menschen, den es kaum gibt und ich glaube, es ist eine sehr wichtige Rolle im Spiel des Lebens.
LG von Bruni
LikeLike
Schön weitergedacht, die Geschichte, liebe Bruni…
Und ja, er spielt wohl eine Rolle, wie wir alle, irgendwie, doch bei ihm und bei so vielen sitzt niemand im Publikum, und wenn der Vorhang fällt, ist da niemand, der sich erhebt und verneigt.
Vielen Dank für deinen Kommentar…
LikeLike
meinst du nicht auch,
dass ALLE unsere leben
irgendwann einmal mit
es war einmal – kein märchen –
beginnen werden
in der erinnerung
irgendwelcher menschenwesen
die noch nicht einmal geboren sind?
LikeLike
Ich weiss nicht. Einige bestimmt, vielleicht sogar zahlreiche. Doch einige Geschichten werden wohl nicht überliefert werden, einige bleiben einfach unerzählt, verlieren sich in jenem Moment, in welchem der Protagonist in die Erde sinkt. Wir hoffen wohl alle, ganz laut oder insgeheim, dass etwas bleibt, wenn wir verschwinden, und sei es nur ein Leerraum. Doch manchmal werden womöglich alle Spuren verwischt, jede Erinnerung wird gelöscht. Aber eben, ich weiss es nicht. Was ich weiss; dein Kommentar ist, einmal mehr, bereichernd. Danke.
LikeLike