Ich bin schlecht im Bett. Richtig schlecht. Es ist ein Glück, dass sich nicht alle Frauen, mit denen ich jemals unter einer Decke steckte, zu einer Selbsthilfegruppe zusammengeschlossen haben, um ihr diesbezügliches Trauma bewältigen zu können. Meine Qualitäten als Liebhaber verkümmern weit unter dem Durchschnitt, in einer Disziplin, in welcher auch Durchschnittsnoten mangelhaft sind. Das vernichtende Urteil gefällt haben derweil nicht die betroffenen Frauen, sondern Menschen, die ich nicht kenne, die ihrerseits aber über mich genau Bescheid wissen. Sie arbeiten für geschlechterspezifische Zeitschriften, in welchen der grundsätzlich einfache Akt der sexuellen Vereinigung zur Wissenschaft erkoren wird, gerne auch zur Kunst, in jedem Fall aber zu einer Sache, deren Komplexität man als Laie nicht zu erfassen vermag. Und in grossen Lettern wird der Leserin oder dem Leser mitgeteilt, dass sie oder er noch eine Menge lernen müsse und das Sexleben, das bisher als zufriedenstellend erachtet wurde, ein grosser Irrtum sei.
Die Frau erfährt viel. Zum Beispiel, «worauf Männer wirklich stehen». Denn das, was sie bis anhin an Bemühungen und Kompromissen in den Geschlechtsverkehr einbrachte, war zwar gut gemeint, aber weit weg von gut und noch weiter weg von dem, was Mann «wirklich» will. Die Tipps reichen von «Klappe halten und losvögeln» über «Loben Sie ihn» bis zur Reiterstellung (!) auf dem Küchenboden (!!) bei Tageslicht (!!!). Die Ratschläge sind dabei stets in aufmunternde Worte gekleidet – bei den Lernmodulen für Oralsex etwa darf Frau sich freuen, dass Mann ihr auf Knien danken werde.
Auch Männer erhalten Nachhilfeunterricht. Versprechungen wie «So kriegen Sie jede rum» oder «50 Tipps, damit sie wirklich kommt» brandmarken den Leser zwar als überforderten Grünschnabel, bieten aber gleichzeitig sichere Auswege aus der Misere. Denn die Entfernung der Rückenbehaarung könne ebenso Wunder wirken wie die angstfreie «Erforschung der weiblichen Liebesgrotte», und in jedem Fall solle man mehr Zeit für den Akt einplanen als für die Zigarette danach. So einfach sei es, sein Sexleben in ungeahnte Sphären zu heben.
So liegen wir also abends im Schlafzimmer, lesen uns durch aufgestapelte Magazine, essen ungeniessbares, aber aphrodisierendes Gemüse, probieren 69 Stellungen aus und trotzen den Rückenschmerzen, die dadurch verursacht werden. Uns wird schlecht beim Gedanken daran, wie schlecht wir im Bett sind, doch wir trösten uns damit, dass es allen anderen genauso geht. Und wir nun endlich zu wahren Meisterinnen und Meistern der Kunst des Liebens werden.
Dieser Text erschien als Kolumne im L-Magazin, Ausgabe 5.
> L-Magazin im Internet mit aktueller Ausgabe

*lachhhhhhh* lass Dir aber von einer erfahrenen Frau sagen: Es gibt wirklich viel mehr grobstoffliche Stümper als es die Welt für möglich hält.
Herzliche Grüße aus Vienna
LikeLike
So überraschend kommt das nicht, da brauchts wohl gar nicht so viel Erfahrung als Frau, um schlechte Erfahrungen zu machen..
Grüsse nach Wien
LikeLike