Zähne.

Sie will ihn lieben, doch es ist nicht einfach. Wenn er lächelt, blitzen seine Zähne auf. Sie mag das. Doch die Zähne blitzen auch auf, wenn er nicht lächelt.

Er raubt ihr den Atem, wenn er sie umarmt, aber wenn er sie umarmt, bekommt sie keine Luft. Manchmal hustet sie, dann weicht er zurück und fragt, ob sie krank sei. Er fragt nicht aus Interesse, sondern mit einer gewissen Skepsis, und wenn sie dann nochmals hustet, mischt sich Ekel in seine Miene.

Sie will sich auf sein Gesicht setzen. Es ist nicht Lust, die diesen Gedanken entstehen lässt. Nicht seine Zunge will sie spüren, nicht seine Lippen, natürlich nicht seine Zähne. Sondern seine Machtlosigkeit, seine Entwaffnung, sein Ausgeliefertsein. Sie will ihm ebenfalls den Atem rauben; nicht metaphorisch, sondern tatsächlich. Nur diesen einen Moment lang. Nur kurz. Nur so lange, bis sich die Panik in ihm regt.

Er ist so alt wie die Welt. Sie kennt ihn schon lange, er war lange vor ihr da. Sie sah ihn bereits, als er noch nicht einmal sprechen konnte, im Film Am Anfang war das Feuer von Jean-Jacques Annaud. Er lebt zwischen den Zeilen und in verkrampften Fingern, in leeren Blicken und unausgesprochenen Erinnerungen. Er ist überall, und wenn sie allein durch die nächtliche Stadt geht und er ihr entgegenkommt, wechselt sie die Straßenseite.

Sie fragt sich, wie sie sich fühlen würde, wenn sie auf seinem Gesicht säße. Ob die neue Perspektive ihr die Augen öffnen würde. Ob sie lächeln würde, und ob es ein zufriedenes Lächeln wäre, oder ein unsicheres. Ob sie zurückweichen würde, wenn dumpf sein unterdrücktes Husten zu hören wäre. Und wie das Gesicht aussehen würde, wenn sie wieder hinabsteigen würde. Sein Gesicht. Ihr Gesicht.

Sie will ihn lieben. Aber es ist nicht einfach.