A.F. baute seiner Frau ein Haus, und ja, er baute es vor allem für sie, denn sie hatte immer davon geträumt und geredet, ein eigenes Haus zu haben, während er selbst auch in der alten Mietwohnung glücklich und zufrieden geblieben wäre und keinerlei Bedürfnis nach einem Haus verspürte, hingegen umso mehr das Bedürfnis, seiner Frau jeden Wunsch zu erfüllen, also wurde er zum Bauherren, suchte sich einen fähigen Architekten, der mit seinen Entwürfen eine ungeahnte Begeisterung bei seiner Frau von A.F. zu wecken vermochte, was wiederum auch A.F. selbst begeisterte, und schon bald begannen die Bauarbeiten, das Fundament wurde gelegt, die Mauern wuchsen allmählich in die Höhe, das Haus nahm zunehmend Form an, und dann, kurz bevor das Haus fertiggestellt war, zog die Frau von A.F. zum fähigen Architekten, der sie offensichtlich nicht nur mit seinen Entwürfen begeistert hatte, und reichte die Scheidung ein, ganz einfach und einfach so, sie habe sich eben in den fähigen Architekten verliebt, da könne man nichts machen, und A.F. weinte und trank Wein wie Wasser, weinte noch ein wenig heftiger und trank noch ein wenig hastiger, und dann schleuderte er sein Weinglas an die neue Wand im neuen Haus, holte eine neue Axt aus dem neuen Keller und schlug auf alles ein, das er erreichen konnte; das Holz splitterte, die Mauern bröckelten, das Glas zersprang, und als er erschöpft war, ließ er die Axt sinken, holte einen Benzinkanister aus der neuen Garage, goss ein wenig Benzin hierhin, ein wenig dorthin, entzündete schließlich ein Streichholz und warf es in eine der Pfützen, lachte ziemlich irr und eilte aus dem Haus.
B.K. hatte nur kurz nicht aufgepasst, aber da war es bereits geschehen, er war mit seinen schweren Schuhen auf das leere Schneckenhaus getreten, das seine Tochter einst gefunden und seither wie einen kostbaren Schatz gehütet hatte, und nun lag es in Splittern auf dem Parkettboden, ein Zeugnis seiner Unachtsamkeit, und eigentlich wollte B.K. wütend werden und fluchen, doch dann betrat seine Tochter den Raum und sah, was geschehen war, und B.K. machte sich bereits auf den zu erwartenden Weinkrampf gefasst, doch dieser blieb aus, stattdessen starrte seine Tochter lediglich stumm auf die Schneckenhaussplitter, während die Farbe aus ihrem Gesicht wich, und schließlich blickte sie ihn mit ausgeleerten Augen an, so traurig und enttäuscht, dass beim Herz von B.K. eine Ecke abbrach und er beinahe japsend versprach, das Schneckenhaus zu reparieren, was er zwar nicht wirklich gut durchdacht hatte, seiner Tochter aber offensichtlich als Wiedergutmachung genügte, denn sie nickte und ging aus dem Zimmer, und B.K. begann, die einzelnen Teile wieder zusammenzufügen, mithilfe von Pinzetten und einer Lupe und Sekundenkleber, fein säuberlich klebte er alles wieder richtig zusammen, saß drei Tage und drei Nächte an seiner Werkbank, schlief nur in Viertelstundenportionen, bis am Ende das letzte Teil angeklebt war, und als er das reparierte Schneckenhaus stolz seiner Tochter zeigte, blitzte in ihrem Gesicht kurz ein dankbares Lächeln auf, das alle Mühen aufzuwiegen schien, dann sagte sie, er solle es doch bitte in das kleine Regal zu all den anderen Schneckenhäusern legen.
E.S. hatte viele Ziele im Leben, und manche davon erreichte er, andere wiederum begrub er missmutig oder ließ sie vom Lauf der Zeit fortspülen, doch keines seiner Ziele im Leben war so elementar und konkret wie sein Bestreben, das größte Kartenhaus der Welt zu bauen, er wollte seinen Namen im Guinness Buch der Rekorde sehen und in der Zeitung lesen, also entwarf und organisierte er, machte große Pläne und kleine Modelle, er baute Kartenhaus um Kartenhaus und versuchte, jedes Mal etwas daraus zu lernen, er studierte sogar Architektur, um alles über Statik zu erfahren, und weil er seine Zeit, sein Geld und seine Gedanken nahezu ausschließlich auf dieses Ziel fokussierte, franste der Rest seines Lebens aus, löste sich immer mehr auf und verlor an Substanz, Freunde, Familie, Freude, alles schien zu entfliehen und zu entgleiten, nur das Kartenhaus blieb relevant, und irgendwann mietete er sich einen kleinen Raum in einer Lagerhalle, richtete sich ein und bereitete alles vor, meldete den geplanten Rekord bei Guinness an, und dann begann er zu bauen, Karte um Karte, baute ein Konstrukt, das am Ende das größte Gebilde werden sollte, das je aus Spielkarten gebaut wurde, größer noch als der Nachbau des Hotel- und Casino-Komplexes Venetian Macao, mit welchem ein Mann namens Bryan Berg den bisherigen Rekord aufgestellt hatte, mit 218 792 Karten, während E.S. für sein Projekt, eine Nachbildung der Westminster Abbey, rund 250 000 Karten vorgesehen hatte, und in den ersten Tagen kam er gut voran, alles lief nach Plan, er war sogar etwas schneller als gedacht und fühlte eine gewisse Euphorie, die jedoch nach zwei Wochen allmählich nachließ und nach einem Monat gänzlich verschwunden war, doch E.S. blieb hartnäckig, verlor sein Ziel nicht aus den Augen, und dann, nach siebzig Tagen, hatte er es tatsächlich fast geschafft, nur noch ein paar wenige Karten verblieben, und E.S. stellte sie noch vorsichtiger auf als sonst, seine Hände zitterten ungewohnt stark, vor allem, als er schließlich die letzte Karte in sein Bauwerk fügte, immer wieder musste er neu ansetzen, bevor es endlich vollbracht war; in jenem Raum in der Lagerhalle stand ein Nachbau der Westminster Abbey, das größte Kartenhaus der Welt, und E.S. wollte seine Eltern anrufen, um ihnen davon zu erzählen und sie zudem zu bitten, den Rekord als Zeugen zu verifizieren, doch als er die Nummer wählen wollte, hielt er inne, starrte auf sein Kartenhaus, minutenlang, dann ließ er das Telefon sinken und legte es auf den kleinen Tisch, trat ganz nahe an die Westminster Abbey heran, blickte auf ein Herz Ass, legte seinen Kopf ein wenig schief, schloss die Augen und schob seine Faust ganz langsam in das Kartenhaus, wodurch erste Fragmente des Bauwerks kollabierten, Mauern aus Karten begannen einzustürzen, immer schneller griff die Gewalt der Dekonstruktion um sich, bis das ganze Kartenhaus in sich zusammengefallen war und nur noch ein Berg aus Karten zurückblieb, und E.S. wartete, bis sich keine Karte mehr bewegte, dann lachte er kurz und hell auf, drehte sich um und ging aus dem Raum.
