Sie geht mit stummen Schritten über Wiesen, gleitet schweigend durch Wälder, atmet Natur und Reinheit ein. Sie registriert, wie der Lärm allmählich verebbt, sie hört das Rauschen des Blutes im Ohr. Sie berührt ihr Gesicht, berührt den gesamten Körper, spürt die Wärme ihrer Haut. Sie zieht ihre Schuhe aus, streift störende Kleidung ab. Irgendwann stellt sie sich hin, mit geradem Rücken; sie wirft ihren Kopf in den Nacken und breitet die Arme aus.
Sie sieht zweifellos aus wie die Protagonistin einer Werbekampagne, wie sie in der pittoresken Landschaft steht, ein Bild voller Dramatik und Theatralik, und irgendwo am Rand schreien große Lettern eine motivierende Botschaft. Alles ist möglich, jedes Ziel ist erreichbar, die Kräfte sind nahezu unerschöpflich, das Leben ist ein Kunstwerk, und sie steht mittendrin. Irgendwann tritt sie aus dem Bild heraus, verlässt ihren Körper. Sie geht einen Schritt zurück, umkreist dann diesen Leib, der zugleich bekannt und fremd ist, sie mustert diese Frau, die ganz nah und dennoch weit weg scheint. Schließlich stellt sie sich vor sich selbst hin. Und schlägt diesem Körper, dieser Frau mit voller Kraft die Faust ins Gesicht.
Sie taumelt und wankt, sie keucht und speit, sie würgt und schreit, und dennoch prügelt sie unvermindert auf sich ein, immer wieder. Die Haut reißt auf, Blut rinnt aus den Ritzen, hin und wieder knackt es unter dem Fleisch. Nur allmählich kommt sie zur Ruhe, die Kräfte lassen nach, und endlich, endlich knicken die Beine ein, sie sinkt zu Boden.
Später, im Schutz der um sich greifenden Dunkelheit, geht sie zurück, geht dorthin, wo sie hergekommen ist. Obschon sie vermutlich weiß, dass sie, wo auch immer, wohl nie ankommen wird.

Und manchmal kann es sein, da muss man mal mit sich selbst vor die Tür und die Sache unter Kerlen austragen. Sich selbst ohne Wenn und Aber die Faust mitten ins Gesicht schlagen und kompromisslos sein dürfen. In der Natur ist es erlaubt zu hadern, weil sie diesen Zorn annehmen kann im Gegensatz zu Menschen. Manchmal kann es wichtig sein, eine Wut mit sich selbst auszutragen, draußen vor der Tür, so lange bis die Sache geklärt ist. Doch dann ist es genauso wichtig, sich selbst wieder versöhnlich die Hand zu reichen, sich selbst aufzu helfen und danach die Wunden gut zu versorgen. Kein Spiegel dieser Welt wird sie zeigen, nur die Augen. Hinterher…
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Ja, mit sich selbst vor die Tür… Und dann wieder zurück… Sich selbst verzeihen zu können ist in diesem Fall tatsächlich wichtig… Vielen lieben Dank dir für deine Worte. Und herzliche Grüsse…
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