Der Vertrag der Liebenden.

Die Liebenden, sie schreiben sich Briefe, und jeder Brief ist ein Vertrag, ein schriftlicher Beweis. Sie schreiben von der Liebe und der Lust, von der Distanz und der Nähe, von den leeren Stellen in der Zeit und im Raum. Wenn ich nur tief genug einatme, finde ich deinen Duft noch in den Fasern des Stoffes. Wir sehen die gleichen Sterne, ganz egal, in welcher Ferne wir uns sind. Ich berühre mich selbst und spüre deine Hände in meinem Schoss, deine Lippen auf meiner Haut. Wenn ich an dich denke, denke ich in Phrasen, und jedes Wort, das ich schreibe, ist nur ein künstliches Abbild meiner innersten Welt. Alles ist ein Trost, doch kein Trost ist genug. Du bist da und fehlst.

Wenn sie getrennt sind, schreiben sie ihre Liebe mit Tinte auf Pergament, mit Blut und Tränen auf Büttenpapier. Wenn sie zusammen sind, schreiben sie ihre Liebe mit nassen Fingern auf die Haut. Und irgendwann, nach dem letzten Satz, sterben sie, und mit ihnen stirbt die Liebe, ihre Liebe. Was bleibt, sind nur Worte und Phrasen, Briefe von Liebenden.

Doch auch später, nach Jahren oder Dekaden, wenn der Duft längst aus den Fasern des Stoffes verschwunden ist, lassen sie sich noch lesen, die Briefe, und jeder Brief ist ein Vertrag, ein Vertrag zwischen zwei Liebenden. Man kann Vornamen erkennen, nicht aber das Leben dahinter, man weiß kaum etwas über sie, doch man weiß um die Liebe, sie ist schriftlich bewiesen. Der Vertrag ist noch gültig, wurde niemals gebrochen. Was bleibt, sind nicht nur Worte und Phrasen. Es bleiben auch künstliche Abbilder von inneren Welten, es bleiben die Sterne. Und es bleibt auch der Trost, irgendwie.