Markus ist ein Arschficker, ein Rosettenprinz, ein Analschakal, ein Schwanzlutscher. Maria ist eine Leckschwester, eine Lippenstiftlesbe, eine Fotzenleckerin, eine Büchsenmasseuse. Findet jedenfalls Manfred, und Manfred ist ein richtiger Mann. Einer mit Eiern, die er fleißig kratzt, einer, der im Stehen pinkelt, aber nicht vom Pinkeln, sondern vom Pissen redet oder davon, ein Bier in die Ecke zu stellen. Wenn Manfred Maria sieht, sagt er zu ihr, sie sei eine Fotzenverschwendung, leider, denn eigentlich sehe sie ziemlich scharf aus. Wenn Manfred Markus sieht, sagt er nichts, presst nur die Lippen zusammen und erklärt danach, dass er schließlich nicht wolle, dass diese Schwuchtel ihm plötzlich den beschissenen Schwanz in den Mund schiebe. So einer ist Manfred. Ein richtiger Mann.
Eines Tages hält es Manfred nicht mehr aus. Als er Maria trifft, zerrt er sie in eine dunkle Ecke und knurrt, dass er ihr jetzt die ganze lesbische Scheiße rausficken werde. Er presst seine Hand auf ihren Mund und tut, was ein richtiger Mann eben tut. Später begegnet er Markus, und dieses Mal schweigt er nicht. Verdammter Arschficker, brüllt Manfred und teilt Markus mit, dass er ihm die ganze schwule Scheiße nun rausprügeln werde. Erbittert schlägt er zu und tut, was ein richtiger Mann eben tut. Denn so einer ist Manfred. Ein richtiger Mann.
Einige Wochen später, in einer mondlosen Winternacht, fährt Manfred mit seinem Auto viel zu schnell, unterschätzt den Radius einer Kurve und prallt beinahe ungebremst in eine Mauer. Mit letzter Kraft klettert er aus dem Wrack und brüllt in die Dunkelheit, während das Blut aus großen Wunden schwappt. Minutenlang fährt kein anderes Auto an der Unfallstelle vorbei. Doch dann tauchen in der Ferne Lichter auf, und schließlich hält ein Wagen an. Zwei Menschen steigen aus. Es sind Markus und Maria, die sich im Krankenhaus kennengelernt und angefreundet hatten. Sie rennen zum Verletzten hin. Als sie ihn erkennen, bleiben sie unvermittelt stehen, erstarrt in der Kälte der Nacht.
* * *
Im folgenden Sommer sitzen Markus und Maria mit Max, dem Freund von Markus, in dessen Wohnung. Bisher hatten Markus und Maria selbst mit engsten Bekannten und Freunden nicht über jene Nacht gesprochen, doch an diesem Abend mag Markus nicht mehr schweigen, denn Max ist der richtige Mann für ihn, der erste Mann, den er wirklich und wahrhaftig liebt. Markus fragt Maria, ob es in Ordnung wäre, wenn er erzählen würde. Sie nickt. Dann erzählen sie.
* * *
Hier ist die Geschichte zu Ende, und es ist eigentlich nicht wichtig, was Markus und Maria Max erzählen, denn die Geschichte, sie ist erfunden. Wichtig ist, was wir uns erzählen. Und wer die richtigen Männer in den wahren Geschichten sind.

Die Sprache ist für einen durchschnittlich brav bürgelichen Blogleser/schreiber wie mich auf den ersten Blick etwas herausfordernd. Wobei, wenn ich an die beiden jungen Männer gestern vor mir im Bus denke, die sich gegenseitig mit ihren Erlebnissen vom Wochenende brüsteten… Scheisse, wir müssen der Wirklichkeit ins Auge sehen, sonst werden uns die gesellschaftlichen Realitäten immer wieder einmal überrollen. Denn wehe, wenn sie losgelassen!
LikeLike
Die Sprache scheint mir das kleinere Problem im Vergleich zu manchen Handlungen. Aber ja, ins Auge blicken müssen wir der Wirklichkeit wohl sowieso, in jeder Hinsicht. Zumindest wäre es wichtig. Auch wenn Wegschauen oftmals einfacher wär.
Vielen lieben Dank dir fürs Lesen und Draufeinlassen und überhaupt. Und liebe Grüsse…
LikeGefällt 1 Person
Obwohl ich mich nicht unbedingt zu den sogenannten „Gutmenschen“ zähle, wünschte ich mir, dass sie erzählen können, dass sie ihm geholfen haben und er überlebte. – Wir wollen nicht übertreiben mit der Behauptung, dass Manfred fortan vom Saulus zum Paulus wurde.
Faszinierend geschrieben!
LikeLike
Vielen Dank dir fürs Lesen, für deine Worte und für deine Gedanken, die gemachten und die geteilten.
LikeLike
Eine der besten und aufreibendsten Geschichten, die ich seit Langem lesen durfte. Unglaublich stark und fordernd. Großartig.
LikeLike
Vielen lieben Dank dir fürs Lesen und für die Auseinandersetzung mit dem Text… Freut mich sehr, dass er dir gefällt!
LikeLike
stark im Ausdruck!
LikeLike
Herzlichen Dank, lieber Finbar (und ich hoffe, du meinst damit nicht nur die Kraftausdrücke zu Beginn)…
LikeLike
also, wenn ich für mich sprechen darf: doch, besonders die. die machen besonders den beginn der geschichte sehr stark.
LikeLike
Ja, natürlich darfst du für dich sprechen, sehr gerne… Vielen Dank für deine Worte…
LikeLike