Die Großmutter hatte in einem kleinen silbernen Gefäß Platz, das an eine Thermosflasche erinnerte. Daneben stand ein Mann mit einem ernsthaften Gesicht. Seine Stimme war laut und sonor. Von Erde bist du genommen, zu Erde sollst du werden. Ein rasselnder Husten unterbrach seinen Vortrag, dann sprach er weiter. Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub. Das war vor einigen Jahren. Sie war damals nicht sonderlich traurig, da war keine Leere, kein Schmerz, kein Vermissen. Die Großmutter war ihr stets fremd gewesen und auf keinem der Bilder zu sehen, die sich im Laufe ihres Lebens in den Kopf gebrannt hatten. Sie weiß nicht, weshalb sie genau jetzt daran denkt, an die Erde und die Asche und den Staub. Weshalb sie sich wundert, dass alles, was bleibt, von einem Staubsauger eingesaugt und verschluckt werden kann.
Sie löst sich auf. Sie zersetzt sich, sie franst aus, an den Ecken, an den Kanten. Blindwütig verprügelt sie die Luft, die stummen Geister vor ihren Augen. Sie schreit und zetert, doch nichts passiert. Die ganze Welt scheint zum Standbild eines langweiligen Filmes erstarrt. Sie hält inne, zündet sich eine Zigarette an. Die Großmutter hat kein Gesicht mehr, nur noch eine weiße Fläche, eingerahmt von einem gelbgrauen Haarbündel. Sie weiß noch immer nicht, weshalb sie an die Großmutter denkt. Staub zu Staub. Ein Kitzeln in der Nase lässt sie niesen. Eine Stauballergie vielleicht. Sie schnippt die Asche ihrer Zigarette auf die Erde.
Es gab einmal einen Mann, der in sie verliebt war. Zumindest behauptete er das, beteuerte es immer wieder. Doch sie glaubte ihm nicht. Sie sei wunderschön, sagte er. Sie erwiderte, er solle sich einen Optiker suchen. Irgendwann ging er weg. Seither war er ihr näher als zuvor, mit seinem Verschwinden begann sie, ihn zu spüren. Sie tut es heute noch. Vielleicht ist er verheiratet. Vielleicht ist er tot. Staub zu Staub. Vielleicht spielt es gar keine Rolle.
Die Zeit, das Leben, die Liebe, die Sehnsucht, die Ängste, sie waren Mysterien. Sie stellte Fragen, suchte nach Antworten, nach Erklärungen. Alles war diffus und schleierhaft, da war keine Klarheit, abgesehen von der Gewissheit, dass mit dem Anfang das Ende beginnt. Der Rest blieb ein Rätsel. Nun nähert sie sich der Auflösung. Sie holt eine silberne Thermosflasche aus ihrer Tasche, trinkt ein wenig Tee. Was übrig bleibt, leert sie aus und beobachtet, wie der Tee im Boden versickert. Erde zu Erde. Der Film ist zu Ende. Sie zündet sich noch eine Zigarette an und dreht die Thermosflasche in ihren Händen.

Es tut mir leid. Mein Deutsch ist nicht gut. Dankeschön für teilt mein Foto, wenn auch. Ihre Arbeit ist sehr interessant und nett. Ich hoffe, mehr von Ihrer Arbeit in der Zukunft lesen.
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Thanks a lot, Megan! I hope it’s alright to have your wonderful photo on my site…
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ich warte also auf ein gemeinsames Buch mit
1. Gedichten
2. wundervollen Fotos
3. zusammenfassenden Geschichten
Ich freue mich schon sehr darauf 🙂
LG von mir
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Danke… Aber da das Buch erst mit dem letzten Atemzug zu Ende geschrieben sein wird, dürfte es wohl nie veröffentlicht werden…
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Haben wir also unser nächstes Projekt…
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Beginnt mit dem Anfang immer das Ende? Ist es nicht manchmal auch eine Aneinanderreihung von vielen kleinen Anfängen, die auf sich aufbauen? Vielleicht wie ein Gedichtband. Jede Seite in neues Gedicht und doch verbindet sie etwas, können nicht ohne das Andere.
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Für manche beginnt wohl mit der Geburt das Sterben und dauert so lange, wie das Leben eben anhält. Aber natürlich kann/soll das Leben mehr sein als nur das Zusteuern auf das Ende. Ein Gedichtband, ja. Noch besser ein Gedicht- und Bildband, in dem sich die Worte und Bilder jeder Seite am Ende zu einer Geschichte verbinden, so gross und gut, dass man das Buch schliesslich zufrieden zuklappen kann.
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