Permafrost.

Es ist kalt geworden, ungemütlich, garstig, es knirscht und knackt im Gebälk. Die Kälte dringt unerbittlich durch ihre Seidenpapierhaut, tausend kleine Pfeile durchstoßen die dünne Schicht, graben sich tief hinein in ihr Innerstes, klammern sich an ihre Knochen. Ihr Skelett versteift sich, ihre Muskeln verhärten sich, jeder Atemzug scheint nach ihrem Herz zu greifen. Sie zittert. Und wenn sie versucht, sich zu beruhigen, zittert sie nur noch mehr.

Sie hält ihre Hände über jedes Feuer, das zwischen den Zeiten und Orten brennt oder zumindest lodert, sie greift nach jedem Heizkörper, nach jedem anderen wärmenden Körper, doch die Wärme bleibt ihr verwehrt. Sie friert. Sie friert und fragt sich, ob sie stärker friert als früher, ob sie intensiver friert, heftiger friert, tiefer friert. Sie friert und fragt sich, wie lange man frieren kann, bis man erfriert.

Das Äußere spielt keine Rolle, Wind und Wetter haben keinen Einfluss, auch an sonnigen Tagen wird es nicht mehr warm in ihr, selbst bei 30 Grad Celsius oder unter dicken Decken ist ihr kalt, und egal, ob sie nackt ist oder sich in Wolle und Daunen hüllt; sie friert sich die Seele aus dem Leib, zumindest fühlt es sich so an, auch wenn sie häufig gar nicht spürt, wie es sich anfühlt.

Sie ist nicht sicher, wann es angefangen hat. Sie kann sich nicht an den Tag erinnern, an dem sie feststellte, dass ihr Frieren kein übliches Frieren war, dass es nicht von Jahreszeiten oder Lufttemperaturen abhängig war. Aber sie weiß, dass die Kälte nun schon längere Zeit da ist, sich ausbreitet in ihr und alles durchdringt, wie Permafrost, der jeden Winkel einnimmt.

Es ist kalt geworden. Sie ist kalt geworden. Und wenn sie dennoch einen warmen Gedanken hegt, lässt ihre Seidenpapierhaut ihn ungehindert entweichen. Und wenn ein warmes Gefühl in ihr keimt, kann es ihre Seidenpapierhaut nicht konservieren. Sie friert. Sie zittert. Und wenn sie versucht, sich zu beruhigen, zittert sie nur noch mehr.