Guadalajara. Guadalajara. Guadalajara. Sie wiederholt das Wort immer wieder, einem Mantra gleich. Sie hat keine Ahnung von Guadalajara. Es ist eine Stadt in Mexiko. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1986 fanden dort Spiele statt, 1992 kam es zu einem Explosionsunglück im Kanalnetz der Stadt. Mehr weiß sie nicht über Guadalajara. Und trotzdem flüstert sie dieses Wort unaufhörlich in den Raum. Guadalajara. Guadalajara. Guadalajara.
Als sie ein kleines Mädchen war, sagte ihr Vater zu ihr, man müsse nur genügend oft ein einziges Wort wiederholen, dann werde das ganze Gehirn, das gesamte Gedächtnis entleert. Er sagte dies, wenn sie nicht einschlafen konnte, und tatsächlich wirkte sein Trick, zumindest hin und wieder. Die tobenden Gedanken verblassten, die Unruhe ebbte ab, die Atmung verlangsamte sich, sie schlief ein. Manchmal funktioniert die List sogar noch heute.
Guadalajara. Guadalajara. Guadalajara. Sie will nicht einschlafen, darum geht es nicht. Doch sie will ihr Gehirn entleeren, vor allem ihr Gedächtnis. Sie will die Gedanken in die Flucht schlagen, will selbst vor den Gedanken fliehen. In den hellen Stunden des Tages kann sie sich nicht verstecken, auch nicht in den dunklen Ecken der Nacht, ebenso wenig in den Dingen des Lebens oder den Undingen der Zeit. Aber womöglich kann sie sich in Guadalajara verstecken. Guadalajara. Guadalajara. Guadalajara.
Natürlich klappt es nicht. Ihre Gedanken bleiben ihr immer auf den Fersen. Sie könnte wohl ihr Gehirn aus dem Schädel nehmen, auf einen Teller legen und von unbekannten Mäulern verspeisen lassen. Könnte ihren Kopf immer wieder gegen kalte Mauern hämmern. Könnte sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken. Könnte jeden fürchterlichen Popsong ihrer Jugend singen, Wort für Wort. Und dennoch würde die Flucht nicht gelingen.
Guadalajara. Guadalajara. Guadalajara. Es gelingt ihr nicht, die Stadt zu erreichen. In ihrem Kopf kommen die Schritte immer näher, bald spürt sie den warmen Atem in ihrem Genick, und dann haben ihre Gedanken sie wieder eingeholt, die Gefühle zerren an ihr, treiben stumpfe Krallen in ihr Fleisch. Sie reißt sich los und versucht, wieder zu entfliehen. Doch sie erkennt, dass es keinen Zweck hat. Es liegt nicht an Guadalajara. Selbst wenn sie es bis nach Guadalajara schaffen würde, wäre sie nicht sicher, auch nicht in einer anderen Stadt. Also bleibt sie stehen. Hört auf zu flüstern. Beißt sich lediglich auf die Unterlippe. Sie wollte nach Guadalajara, weil sie das Aushalten nicht aushielt. Doch sie weiß, dass es wohl nicht anders geht.
Wow, lieber Disputnik, ENDLICH ein Mittel gefunden hier bei dir,
mein Gehirn mal zu resetten 😆
Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara Guadalajara …
Liebe Mittagsgrüße
vom Finbar
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Aber bitte nicht zu viel resetten, lieber Finbar, denn ich mag das, was in deinem Hirn so rumschwirrt.
Herzlichen Dank und liebe Grüsse!
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Okay, lieber Disputnik, ich werde aufpassen *lächel*
Liebe Grüße
Finbar
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Also, dieses Wort (Guadalajara) ist für mich eins von denen, die, wenn man sie oft hintereinander sagt, völlig ihren Sinn verlieren und man überhaupt nicht mehr weiß, was sie bedeuten könnten, Buchstabensalat quasi. 😉 Verwirrung.
Dein Text ist toll. Er trifft es punktgenau.
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Vielen lieben Dank dir fürs Lesen und für deine Worte und fürs Einlassen auf den Buchstabensalat…
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Immer sehr gerne! 😉
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Guadalajara, dieses Wort kann sich zu einem Ohrwurm entwickeln, aber gegen plagende Gedanken kann es nichts ausrichten.
Wenn das Aushalten nicht zum Aushalten ist, dann hiflt zwar als Erste Hilfe Entleeren, aber dann braucht es dringend etwas Beruhigendes, etwas für die scheinbar geschundene Seele, damit gesunde Ruhe einkehrt, gute Gedanken ankommen können und diesen geleerten Raum füllen
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Gegen plagende Gedanken und Gefühle kann wohl kein Wort etwas ausrichten… Und ja, etwas Beruhigendem dürfte niemand abgeneigt sein in solchen Momenten… Nochmals herzlichen Dank, liebe Bruni, und beste Grüsse…
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P.S. Guantanamera, Joan Baez…ein Song im Kopf…
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Dann viel Spass beim Mitsingen…
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Sie singt tausendmal besser, ich lass lieber sie…
Neidlos anerkannt…:)
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Es ist ein wunderschönes Wort:
Guadalajara
Man kann es sich auf der Zunge zergehen lassen wie mexikanische Chilischokolade. Sich einen Wasserfall-Ort damit erträumen in Aquarell. Ein Ort wie ein Paradies. So klingt das, wenn ich ‚Guadalajara‘ sage, singe, flüstere oder rufe.
Es ist wie ein Shangri-La, sehnsüchtig und unerreichbar.
Und dabei ist das Wort eine ganze Stadt…😊
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Ein schönes Wort, ja, und ebenso schön, dass es dich in Aquarell träumen lässt… Vielen Dank dir fürs Lesen und für deine Worte!
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